Von außen ist die Rotthauser Straße neun nach wie vor keine Charme-Offensive, drinnen aber ist Metropolen-Gastronomie entstanden. Das „Diosmos“
Gleich zwei beliebte Italiener an der Rotthauser Straße haben den Gelsenkirchenern zuletzt Addio gesagt. Vor einiger Zeit machte die Edel-Adresse „Da Grandi“ dicht, seit letzter Woche sind in der alteingesessenen (seit 1977!) „Tombola“ die Lichter aus. „Renovierung“ heißt es, aber vom großen Möbelrücken ist wenig zu sehen.
Einen außergewöhnlichen Lichtblick gibt es aber doch. Die einstige „Grandi“-Behausung hat eine griechische Familie komplett entkernt. Von außen ist die Nummer neun nach wie vor keine Charme-Offensive, drinnen aber ist richtige Metropolen-Gastronomie entstanden. Man staunt: Schöne Pflanzensilhouetten wie aus einer alten Botanik-Fibel zieren die Wände, blauer Samt kleidet die Bänke, vorn eine kleine Bar zur schnellen Einkehr. Es ist ein schicker Laden, aber überkandidelt geht es trotzdem nicht zu.
Zwar weiß die Küche sich clever vom allzu fritteusigen Grillteller mit Pommes und fetter Metaxasauce abzugrenzen, sie bleibt aber doch – samt schönen Grillaromen, frischen Fischen, recht viel Fleisch und mediterranen Gemüsen – der Heimat treu.
Ein Blick auf die Sonderkarte mit den Empfehlungen macht uns neugierig auf ein „Pirgaki Lachanikon“. Das ist für sehr preisfaire 8,90 € eine Art hellenisches Millefeuille: saftige, geschmorte Gemüseschichten (Paprika, Aubergine etc.) bilden ein Türmchen, auf dessen Spitze sanft gebräunter Halloumi thront. Nicht überwürzt, treu und schön den Aromen der Feldfrüchte folgend – wunderbar.
Die Karte veredelt vielfach Klassiker, was bedeutet, dass auch Souvlaki, Moussaka & Co im „Diosmos“ kein Tabu sind, aber eben mit etwas mehr Ehrgeiz und Raffinesse auf den Tisch gebracht
Publikumslieblinge sind neben Meeresfrüchten das wuchtige Lammkarree mit Senf-Kräuter-Kruste (22,90 €). Ich rate zum Mix vieler kleiner Versuchungen von Babycalamares bis zu käsig gefüllten Auberginen oder einer zuckersüßen Sünde wie „Glikolemono“, einer Limetten-Mousse mit knusprigem Engelshaar und Waldfrucht. Beeindruckender Laden – falls Sie Ostern noch nichts vorhaben.
Küche:
Sehr ordentlich bis richtig gut, große Vorspeisenauswahl. Die Balsamico-Crema-Deko-Kringel sind überflüssig, Salatsaucen schwächeln.
Ambiente:
Absolut gelungene Neugestaltung. Leicht, etwas verspielt, nicht cool, sondern zeitgenössisch-heimelig. Ein Wohlfühl-Restaurant.
Service: .
Sehr familiärer Ton, von der mediterranen Lässigkeit, die wir allzugern gegen eine deutsche „bittesehrbittegleich“-Hektik tauschen.
Preise:
Im „Diosmos“, was übrigens „Minze“ heißt, regiert preislich das bürgerliche Mittelfeld. Günstiger Mittagstisch (ab 7,50 €) unter der Woche.
Restaurant Diosmos, Rotthauser Str. 9, 45879 Gelsenkirchen, 0209 – 35 93 42 24. Dienstag Ruhetag. www.diosmos.de