An Rhein und Ruhr.

Das Aussehen von potenziellen Außerirdischen, die Entstehung des Universums, Satellitensysteme und das Glück auf Erden - die Themen gehen Ulrich Walter nie aus. „Ich bin Wissenschaftler aus Leidenschaft“, sagt der Physiker und frühere Astronaut. Er ist einer von zehn Deutschen, die bisher ins All geflogen sind. Am 9. Februar wird Walter, der seit 2003 am Lehrstuhl der Technischen Universität in München lehrt, 60 Jahre alt. „Mein Interesse gilt eigentlich dem ganzen Leben. Mich interessiert: Wie tickt die Welt?“ Deshalb freut er sich schon auf seine Emeritierung 2020 - weil er sich dann noch intensiver seiner Wissenschaft widmen kann. „Dann brauche ich nicht mehr die Verwaltung machen, das überlasse ich anderen“, sagt er. „Das Tolle als Professor ist: Man ist ja ‘nur’ emeritiert.“

Einer von zehn Deutschen im All

Walter wuchs in Iserlohn auf und studierte in Köln Physik. Über sein Spezialgebiet Festkörperphysik veröffentlichte er zahlreiche Beiträge. Bei Gastaufenthalten am Forschungszentrum Jülich und am Hochflussreaktor ILL Grenoble in Frankreich untersuchte er mit Neutronen unter anderem seltene Erden, die in elektronischen Geräten verbaut werden. 1985 verschlug es Walter in die USA, wo er am Argonne National Laboratory und an der Berkeley Universität arbeitete, teils finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 1988 bewarb sich der Vater zweier Töchter mit rund 1800 anderen als Astronaut - und wurde ausgewählt. Fünf Jahre später brach Walter an Bord der Raumfähre „Columbia“ in Richtung Erdumlaufbahn auf.

Die Schwerelosigkeit zog ihn in den Bann - und das Panorama: „Der Blick auf die Erde ist grandios.“ Zugleich betreute er Experimente aus verschiedenen Fachbereichen. „Ich musste mich in alle Wissenschaftsbereiche einarbeiten. Heute kenne ich mich in Medizin und Biologie aus, Biochemie und Chemie gehören auch dazu. Das ist auch für mich persönlich schön“, sagt der Professor. Sein Wissensdurst war stets groß: Neugier auf den Ursprung der Welt trieb ihn zum Physikstudium, aus Neugier flog er in den Weltraum, aus Neugier ging er kurzzeitig in die Wirtschaft und Neugier brachte ihn schließlich an die Uni - und auch zu allerlei unterhaltsamen Fragen. In seinem Blog bei N24 befasste er sich etwa damit, ob die Zukunft vorhersagbar ist oder wie intelligente Wesen von anderen Planeten aussehen müssten. „Ich unterhalte mich gern mit den Lesern“, sagt er zu den Chats, die nach jedem Beitrag entstehen. „Und ich gebe gerne weiter.“

Die Welt verstehen - darum geht es auch in einer geplanten TV-Sendung, bei der er mit einem Jugendlichen wissenschaftliche Fragen erkunden will. Von der Raumfahrt wandte es sich nur ab, weil er angesichts des gemeinsamen Programms der Europäischen Raumfahrtbehörde Esa kaum Chancen auf einen weiteren Raumflug für Deutsche sah. „Ich habe fünf Jahre gewartet, ob sich etwas ergibt. Dann da habe ich mich entschlossen: Ich gehe lieber an die Uni.“ Zwischendurch leitete er vier Jahre lang das Satellitenbildarchiv des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen bei München und arbeitete einige Jahre beim Unternehmen IBM. „Nur wenn ich tue, was ich gern tue, bin ich zu Höchstleistungen fähig.“ Seinen Töchtern sagte Walter: „Es ist mir ganz egal, was ihr studiert. Hauptsache ihr macht es gern.“

Ewige Faszination für die Raumfahrt

Die Regel entstammt wieder einer wissenschaftlichen Fragestellung, wenngleich eher im philosophischen Bereich - nach dem Sinn des Lebens, nach dem Sinn im Leben und nach dem Glück. Zwei Jahre hat sich Walter damit befasst. „Ich habe dabei eine Menge gelernt.“ Die Geburtstagsparty schiebt Walter erst einmal auf. „Wir bauen gerade - wenn das Haus fertig ist, gibt es die große Feier.“ An neuen Projekten mangelt es Walter nicht. „Es gibt so schöne Dinge, so viele Fragen, neue Theorien, über die es nachzudenken lohnt.“ Letztendlich stehe dahinter die „Urfrage“: „Wo kommen wir her, was ist der Sinn des Lebens?“ Die Faszination für die Raumfahrt hat Walter aber nie verloren. „Wenn sie mir das jetzt anbieten würden: Natürlich würde ich jederzeit fliegen.“