Düsseldorf. .
Candida Höfer steht höchst ungern im Rampenlicht. Wenn die Fotografin, die zu den bekanntesten Vertretern der für ihre kühle Sachlichkeit berühmten Düsseldorfer Fotoschule zählt, über ihre Kunst spricht, sind die Sätze meist ebenso lakonisch wie die Titel ihrer Werke. Am 4. Februar wird Höfer 70 Jahre alt, und es ist klar, dass die in Köln lebende Künstlerin davon möglichst wenig Aufheben machen wird.
Spitzname „Raumpflegerin“
Früh wurde der zurückhaltenden Künstlerin klar, dass sie nicht in die Privatsphäre von Menschen eindringen wollte. Bekannt wurde die Tochter von Werner Höfer, Moderator der legendären TV-Talkrunde „Internationaler Frühschoppen“, für ihre Fotografien öffentlicher, meist menschenleerer Innenräume: Museen, Bibliotheken, Theater, Hochhäuser, Kirchen. „Mich interessiert zwar, dass es Räume sind, die von Menschen genutzt werden, aber das muss ich nicht dadurch zeigen, dass ich Menschen zeige“, sagte sie einmal. Für diese spezielle Hinwendung zu Räumen und Sälen wurde Höfer auch schon mal der Titel „Raumpflegerin“ verpasst.
Schon als Teenager wollte die 1944 in Eberswalde geborene Höfer Fotografin werden. Doch sie war schon 32, als sie 1976 an der Düsseldorfer Akademie in der neuen Fotoklasse von Bernd Becher landete und ihr Talent richtig entfalten konnte. Zuvor hatte sie in einem Kölner Fotostudio volontiert, vier Jahre künstlerische Fotografie an der Kölner Werkschule studiert und ab 1970 bei Werner Bokelberg in Hamburg gearbeitet. Es gab auch eine Zeit, in der Candida Höfer den Menschen zugewandt war. Das war Mitte der 70er Jahre, als sie die Schwarz-Weiß-Serie „Türken in Deutschland“ fotografierte. Diese Bilder der Gastarbeiter wirken heute äußerst distanziert und vermitteln den Eindruck, als hätten sich weder die Abgelichteten noch die Fotografin wohl in ihrer Haut gefühlt.
Dabei gibt es durchaus eine fröhliche und ausgelassene Seite von Candida Höfer. Das beweist ein 16-Millimeter-Film von 1975 aus der Zeit ihres Studiums. Im Düsseldorfer Eiscafé „Da Forno“ posiert sie minutenlang und übers ganze Gesicht lachend vor der Kamera, während sie sich ganze Ladungen Zucker in ihren Cappuccino kippt. Auch Porträt-Fotos ihrer Künstlerkollegen machte Höfer. So fotografierte sie bei einer Gerhard-Richter-Ausstellung 1975 in der Galerie Konrad Fischer das exzentrische Künstler-Duo Gilbert & George. Dann verschwinden die Personen allmählich aus den Fotos.
Höfer orientiert ihre Bilder menschenleerer Räume an Strukturen und Symmetrien. Eine große Melancholie strahlen viele dieser Fotos aus - so wie einst Höfers Motive ärmlich dekorierter Fenster oder verlassener Kirmesplätze aus den 70er Jahren. Damit steht sie ganz in der Tradition der Becher-Schule. Andererseits schmeicheln das wie ein silber-glitzernder Wasserfall wirkende Foyer des Düsseldorfer Dreischeibenhauses, prächtige Rokoko-Säle im Schloss Benrath oder überbordend weiß-gold-verzierte Kirchenschiffe dem Auge. Der Blick wird aber ganz auf die klare Raumstruktur fixiert.
Verwirrendes Illusionsspiel
In Höfers jüngsten Arbeiten wird der Raum zu einem abstrakten und verwirrenden Illusionsspiel: Die spiralförmige Treppe des Neuen Stahlhofs in Düsseldorf erinnert an eine auf weißes Papier geklebte hellbraune Pappschnecke. Dann wieder scheint das Treppengeländer wie ein Strudel im weißen Nichts zu verschwinden. Spätestens jetzt wird klar, dass Candida Höfer zu Recht in einem Atemzug mit ihren bekannteren Kollegen aus der Becher-Klasse Andreas Gursky, Thomas Struth und Thomas Ruff genannt wird.