Sydney. Australien diskutiert über Sinn und Unsinn der Jagd auf Haie. Nach einigen tödlichen Vorfällen sieht sich die Regierung zum Handeln verpflichtet und hat am Wochenende die Jagd eröffnet. Tierschützer haben allerdings erhebliche Zweifel an deren Erfolg. Ein Tigerhai wurde bereits erschossen.

Es wird ernst für die Haie an der Westküste Australiens. Nach sieben tödlichen Angriffen innerhalb von drei Jahren hat die Regierung die Jagd auf die Raubfische freigegeben. Betroffen ist auch der als gefährdet eingestufte Weiße Hai. Eine vorübergehende Ausnahmegenehmigung erlaubt nun auch seine Tötung.

Tiger- und Bullenhaie, die größer als drei Meter sind, stehen ebenfalls auf der Abschussliste. An acht beliebten Stränden wurden am Wochenende einen Kilometer vor der Küste Köder ausgeworfen. Gefangenen Haien droht der Abschuss, die toten Tiere sollen anschließend wieder ins Wasser geworfen werden. Ein erster Tigerhai biss bis zum Sonntag bereits an und wurde erschossen.

"Ich weiß, dass viele Australier im Westen, die den Ozean lieben, einen besseren Schutz vor gefährlichen Haien an diesen Stränden wollen", sagte jüngst der Ministerpräsident von Western Australia, Colin Barnett. Er meint, auch für Taucher, Surfer, Schwimmer und Familien an der Küste zu sprechen - unter diesen sind jedoch viele, die entsetzt sind über das Vorgehen der Behörden.

Aktivisten protestieren gegen die Jagd

"Wir sind vorbereitet, zu tun, was immer auch nötig ist, um diese Jagd auf friedliche Weise zu stoppen", sagt Simon Peterffy von der Marine Response Unit, einer Aktivistengruppe, die sich gegen die Raubfischjagd engagiert. "Sollte es dort draußen irgendein Tier geben, dass der Hilfe bedarf, werden wir vor Ort sein und es befreien."

Peterffy, ein Veteran unter den Umweltschützern, der auch schon im Gefängnis saß wegen seines Kampfes gegen die Abholzung von Wäldern, ist nach eigener Aussage überwältigt von der Unterstützung, die er für sein Engagement gegen die Haijagd erfahren hat.

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"Wir haben rund 20 Skipper mit eigenen Booten, die Teil einer Flotte sind und alles in ihrer Macht stehende tun werden, um die gefangenen Tiere zu befreien", sagt Peterffy. Einen ersten kleinen Erfolg haben die Tierschützer bereits errungen. Die von der Regierung beauftragten Unternehmen, die die Leinen samt Köder ausbringen sollten, schmissen den Job. Nun nehmen die zuständigen Behörden selbst alle Vorbereitungen für die große Hatz in die Hand.

Die Tierschützer dürfen sich mittlerweile über internationale Unterstützung freuen, etwa durch den britischen Komiker und Fernsehstar Ricky Gervais oder dessen Landsmann Richard Branson. Die Aufhebung des Schutzes für Haie "sollte auf der ganzen Welt verurteilt werden", fordert der Unternehmer.

Wie effektiv ist das Töten?

Tatsächlich gibt es Zweifel, ob der von den australischen Behörden eingeschlagene Weg wirklich zum Erfolg führt. So gibt es Studien eines US-Programms zu Haitötungen, die vor etlichen Jahren vor Hawaii stattfanden. Diesen Ergebnissen zufolge gab es dort trotz der Keulung von rund 4500 Haien keine Veränderung bei der Zahl der Angriffe auf Menschen.

"Weiße Haie und Tigerhaie sind beide überaus mobile Arten. Eine begrenzte Tötung würde daher wahrscheinlich keine nachweisbare Veränderung erbringen hinsichtlich des ohnehin schon geringen Risikos, von ihnen gebissen zu werden", sagte der Meeresbiologe Carl Meyer von der Universität Hawaii jüngst im australischen Fernsehen.

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Tierschützer Petterfy weist noch auf ein weiteres Problem hin. "Es geht nicht darum, dass die Leute nicht wollen, dass Haiangriffe gestoppt werden. Aber diese riesigen Fleischköder vor der Küste können das Risiko eines Angriffs möglicherweise erhöhen." So könnten große Fischschwärme angelockt werden, die wiederum von Haien verfolgt würden.

Eingriff in die "natürliche Ordnung"

Auch der Schwimmer Damon Kendrick spricht sich gegen die Jagd vor der Küste Western Australias aus. Sein Wort hat insofern Gewicht, weil er einst als 14-Jähriger beim Angriff eines Bullenhais einen Teil seines rechten Beins verlor. Kendrick ist der Ansicht, dass man nicht in die natürliche Ordnung des Meeres eingreifen dürfe.

"Ich habe nie dem Hai die Schuld gegeben", erzählt der junge Mann heute. "Damals ist die Population der Bullenhaie geradezu explodiert. Ein Grund war, dass zu jener Zeit aktiv Jagd auf Weiße Haie gemacht wurde. Dadurch, dass der größte Raubfisch quasi aus dem Rennen genommen wurde, entstand ein Vakuum. Dieses hat der Bullenhai dann gefüllt." (dpa)