Euskirchen.
Die Explosion muss gewaltig gewesen sein. Der Bagger ist ein Wrack, das Führerhaus schlicht fortgerissen. Der Baggerfahrer ist tot – ein Opfer der Weltkriegsbombe, die sich offenbar im Bauschutt und Abraum verbarg, den er umschichten sollte, damit er zerkleinert werden konnte. Ein zertrümmerter Bauwagen steht daneben. Zwei Menschen wurden schwer verletzt, elf leicht.
Es geschah gegen 13.30 Uhr in einem Gewerbegebiet auf der Rückseite des Euskirchener Bahnhofs. Kurz danach suchen Sprengstoffexperten in den Trümmern nach Spuren. Vermutlich war es eine Luftmine, die dort explodierte. Im Krieg sollten sie in größerer Höhe explodieren, um Dächer abzudecken, bevor die Brandbomben kamen. „Wir haben unheimlich Schwein gehabt“, sagt einer der Polizisten. „Es ist Freitag, und viele Leute haben noch Urlaub.“
„Direkt vor unseren Augen explodierte eine Glaswand“
Victor da Silva hat Pech gehabt. „Ich saß mit zwei Kunden im Büro, als es passierte“, erzählt der Geschäftsführer der Firma Metallbau Kuhnert – rund 200 Meter Luftlinie vom Unglücksort entfernt. „Direkt vor unseren Augen explodierte eine Glaswand, Decken und Lampen stürzten auf uns herab. Wir hatten großes Glück, dass niemand verletzt wurde.“ Er sei vor Schreck in Tränen ausgebrochen, sagt da Silva. Seine Produktions-Halle ist nun vermutlich einsturzgefährdet.
Auf Twitter berichten Nutzer, dass sie die Detonation bis ins 25 Kilometer entfernte Bonn gehört hätten. Noch 400 Meter entfernt von der Bombe hat es Schäden gegeben. Die Alfred-Nobel-Straße am Unglücksareal ist auf einer Seite mit ein- bis zweistöckigen Wohnhäusern gesäumt. Fenster sind geborsten, Dachpfannen fortgeblasen, Rollläden mit einer Riesenfaust geschlagen.
Vor dem Haus von Resi Scherren flattert noch das Absperrband. Sie arbeitet gerade im Baumarkt Obi, ganz in der Nähe, als sie den Knall hört. „Ich habe die Rauchwolke aufsteigen sehen und wusste sofort: Das ist bei mir passiert.“ Ein Feuerwehrmann geht mit ihr durchs Haus. Ihr Wohnzimmer: ein einziger Scherbenhaufen, Vasen und Bilder auf dem Boden. Resi Scherren lässt die Rollladen herunter, denn Fenster hat sie keine mehr. „Ich weiß nicht, wo ich heute Nacht schlafen soll, ob im Wohnzimmer oder gar nicht.“
„Wir haben uns gerade die Vierschanzentournee angeschaut, da hörten wir den Riesenknall“, sagt Nachbar Hans Hausen. Auch bei Jasmin Mäurer sitzt der Schreck noch tief: „Der Boden hat vibriert. Mir blieb fast das Herz stehen.“ Handwerker sind bereits unterwegs in einigen Häusern. Resi Scherren trinkt Melissentee mit zittrigen Händen.
Der Mechaniker bewacht die Werkstatt vor Plünderern
Auch für Torsten Gätsche könnte es eine schlaflose Nacht werden. Er arbeitete als Automechaniker in einer nahen Werkstatt, als es passierte. „Die Scheibe unseres Schaufensters ist durch die Explosion zerborsten. Wenn der Glaser heute nicht mehr kommt, müssen wir die ganze Nacht Wache schieben.“
Der Bauschutt in Euskirchen soll nun nach Sprengstoff durchsucht werden. Es ist wahrscheinlich, dass die Bombe verborgen im Abraum einer Baustelle angeliefert wurde. Blindgänger gehören auch an Rhein und Ruhr zum Alltag. In der Regel werden aber Luftbilder ausgewertet, bevor die Bagger anrücken. Die meisten Bomben werden so rechtzeitig entdeckt.