Köln..
Alexander Gerst wollte als Kind Feuerwehrmann, Lokführer und Astronaut werden. Zwei dieser Berufswünsche hat er schon verwirklicht. Er war bei der Freiwilligen Feuerwehr, und er fliegt nächstes Jahr ins All. Nur das mit dem Lokführer scheint ein unerfüllter Traum zu bleiben.
Nächstes Jahr soll Gerst zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen. Zurzeit trainiert er im Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrum in Köln. Er übt schon seit Jahren und kann inzwischen alles auswendig. Schon mehrmals hielt er sich als Ersatzmann bereit, falls ein Astronaut im letzten Moment ausfallen würde. Dann war es für ihn immer schwer, wenn die Rakete ohne ihn abflog. Aber im Mai muss es klappen, da steht er in der ersten Reihe. Er wird der elfte Deutsche im All sein und der dritte deutsche Raumfahrer auf der ISS.
Gerst ist ein athletischer Typ mit kahl geschorenem Kopf. Er hat Ähnlichkeit mit Captain Jean-Luc Picard aus „Star Trek“, nur ist er deutlich jünger, erst 37. „Star Trek“ gefällt ihm. Da merke man, dass das jemand mit physikalischem Verständnis geschrieben habe, sagt er.
Schon mehrfach Ersatzmann
Der Geophysiker ist Experte für Extremsituationen. Er hat schon mal sechs Wochen auf einem 4000 Meter hohen Vulkan in der Antarktis verbracht, bei minus 45 Grad im Zelt. Erst hatte er Zweifel, dass das was für ihn wäre, aber sobald er da war, wusste er: Doch, das ist was für ihn.
Dunkle Stunden, in denen er plötzlich von Ängsten übermannt wird, Alpträume, in denen er mutterseelenallein durch die Schwärze des Raums treibt - all das kennt er nicht, sagt er. Wenn er vom All träumt, dann nur positiv. Und seine Freundin, was sagt die? Er lächelt verständnisvoll, und dann antwortet er, seine Partnerin sei ebenfalls Physikerin und in der Weltraumforschung tätig. Die denke genauso wie er. Und bei seinen Freunden, seinen Eltern und seiner über 80 Jahre alten Oma sei es nicht anders.
Am liebsten würde er noch viel länger im All bleiben, er würde gern bis zum Mars fliegen. Dann wäre er für zwei bis drei Jahre weg. Dagegen ist die Sache nächstes Jahr ein Klacks, da ist er Weihnachten wieder zu Hause.
Ein Mann ohne Angst? Er selbst sieht sich als vorsichtigen und sogar risikoscheuen Menschen. Als Astronaut müsse man zwar ein gewisses Risiko eingehen, sagt er, aber es werde alles dafür getan, es so niedrig wie möglich zu halten.
Auf der Raumstation wird er sehr gut beschäftigt sein. Über 100 Experimente muss er in dem halben Jahr absolvieren, auf so unterschiedlichen Feldern wie Physik, Geologie und Materialwissenschaften. Sein Lieblingsexperiment: der elektromagnetische Levitator. Eine in Deutschland entwickelte Laboreinheit, die er im „Columbus“-Labor der ISS einbauen soll. Der Schmelzofen testet neue Legierungen - „Materialien, die in zehn Jahren vielleicht in einem neuen Flugzeug oder in einem Automotor verwendet werden und uns helfen, Treibstoff zu sparen und das Klima zu schonen“.
Mars-Expedition als großer Traum
Die Astronauten experimentieren auch an sich selbst: Sie erforschen, was man gegen Muskeln- und Knochenschwund tun kann, der in der Schwerelosigkeit rapide voranschreitet. Einige Versuche dienen sogar schon der Vorbereitung einer Mars-Expedition: Wie lassen sich im Weltraum Pflanzen züchten oder Krankheiten behandeln?
Aber das ist nicht alles. „Die Romantik und das Abenteuer dürfen nicht verloren gehen“, sagt er. „Mein Ziel ist es, oben so viele Eindrücke wie möglich aufzusaugen. Ich will diese Perspektive von außen gewinnen. Und ich glaube, dass ich dann als ein anderer Mensch auf die Erde zurückkehre.“