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Wenn Sie jetzt gerade beim Frühstück Ihr Müsli genießen, schauen Sie doch mal in den Vorratsschrank, ob da nicht zufällig ein paar weiße Madenartige Mottenlarven aus den Ritzen kriechen. Die lieben ja Getreide, Mehl und Nudelverpackungen. Hören Sie ein leises Fiepen? Dann hat sich vielleicht schon eine Maus hinzugesellt. Aber jetzt bloß nicht panisch aufs Klo flitzen, denn es könnte sein, dass die Ratte, die Sie täglich mit heruntergespülten Essensresten ernähren, endlich den Weg nach oben in Ihre Toilette gefunden hat. Im Notfall rufen Sie jetzt einfach Anna Hörning. Als angehende Schädlingsbekämpferin weiß sie genau, was zu tun ist – und was das Beste an ihrem Job ist: „Jeder freut sich, wenn wir kommen.“

Deutsche Diskretion gefragt

Wenn die Auszubildende mit ihren Kollegen von Gsell & Gsell ausrückt, ist es aber nicht immer gleich ein Kammerjäger-Notfall. Vieles ist Routine, vorbeugende Kontrollen sind in Restaurants, Supermärkten, Kantinen und sonstigen Betrieben mit Lebensmittelverarbeitung Pflicht. Und sollte es doch mal die panische Nachbarin mit Mäuse-Notfall sein – Hörning könnte sie gewissermaßen professionell beruhigen: Die 23-Jährige Essenerin ist immerhin ausgebildete Krankenschwester.

Doch damit war sie nicht glücklich, wollte sie doch „schon immer irgendwas mit Tieren machen“. Eine Bekannte schwärmte so von dem vielseitigen Job als Schädlingsbekämpferin, dass Hörning seit August 2013 den Krankenschwesterkittel gegen den Insekten-Schutzanzug tauscht. Der kommt saisonbedingt gerade zwar häufig zum Einsatz, grundsätzlich dient aber die Alltags- als Arbeitskleidung. „Wir sind ja nicht in Amerika, wo Schädlingsbekämpfer mit der Riesen-Kakerlake auf dem Autodach ankommen“, sagt Ausbilder Michael Görgens. Deutsche Diskretion eben – keine Firmenlogos auf den Autos.

Außerdem arbeiten Schädlingsbekämpfer die meiste Zeit im Verborgenen, auch aus Sicht der Tiere. „Unsere Kunden kriegen viel häufiger Ratten zu Gesicht als wir,“ weiß Görgens, „leider.“ Und von rund 1.000 Fällen im Jahr sind es immerhin tatsächlich eine Hand voll Ratten in der Kloschüssel. Das liege aber nicht nur an Essensresten, die man mal herunterspült, (woher solle die Ratte im Mehrfamilienhaus auch wissen, woher die Erbsensuppe jetzt kam?), sondern an den Rohren. Sind die besonders alt und voller Ablagerungen, kann die neugierige Ratte sich ihren Weg bahnen.

Ratten im Klo, Wanzen im Bett

Ob sie aber jemals dem mit Erdnusspulver gefülltem Köder auf dem Leim geht, ist eine andere Frage. Generell beschreibt Anna Hörning ihre Hauptaufgabe eher als „Detektivarbeit“, bei der ihr bisher Ameisen, Schaben, Wespen, Ratten und Mäuse untergekommen sind. „Besonders ekelhaft war die tote Taube im Lüftungsschacht“, erzählt die 23-Jährige, und ihr Kollege erinnert sich sogleich an seinen schönsten Ekel-Fund: Eine Tütensuppe voller Maden mit Franz Beckenbauer als Werbegesicht – von 1974.

Ob es noch was Ekeligeres gibt? „Zu einem Tatort musste ich bisher nicht“, so Azubi Hörning, das gehört – wenn auch selten – ebenso zum Aufgabengebiet. Vorausgesetzt, die Leiche wurde spät genug gefunden und birgt die Gefahr von Krankheiten oder Schädlingsbefall. Sprichwörtliche Leichen finden sie dafür jede Menge im Keller – in der Lebensmittelproduktion, in Großbäckereien oder Restaurants. „Da ist eine Schabe in der Küche eine zu viel!“, bemerkt Görgens. Die legt schließlich allein 40 Eier. Da reiche eine Kontrolle ein Mal pro Jahr nicht aus, „dann erwischen sie noch die zahlreichen Urenkel der Schabe“, lacht Görgens.

Eine andere weit verbreitete Plage sind übrigens Bettwanzen, die Hörning beinahe am Geruch erkennen kann (eine Art Bittermandel). Besonders häufig sollen diese sich in Studenten-Wohnheimen und Messehotels und damit in schlafende Besucher einnisten. Mit Blut vollgesogen sind sie knapp einen Zentimeter lang. Und, juckt’s schon?