Habe ich nur schlecht geschlafen, viel zu viel Stress, ist das lediglich eine Phase oder stehe ich tatsächlich vorm Burnout?
Je mehr über Burnout geredet wird, desto mehr verunsichert dieses Phänomen. Zumal es bis heute keine einheitliche Definition für Burnout gibt. Mit einem wissenschaftlich gestützten Test, dem ersten dieser Art, gibt nun der Personalpsychologe Rüdiger Hossiep Berufstätigen die Möglichkeit, das eigene Burnout-Risiko einzuschätzen.
Wissenschaftler möchtenBerufstätige sensibilisieren
Zusammen mit seiner Kollegin Rebekka Schulz hat er den Test an der Universität Bochum entwickelt. Burnout ist ein Modebegriff; schon früher konnte Arbeit krank machen. „Ein Burnout wird aber sozial eher akzeptiert als zum Beispiel ein depressiver Schub“, so Hossiep. Bei diesem Test geht es nicht darum, möglichst vielen ein „Ausgebranntsein“ zu attestieren.
Vielmehr möchte das Team Berufstätige sensibilisieren: Verlange ich mir zu viel ab? Wo müsste ich mehr für mich tun? Wie kann ich mich eigentlich vor Erschöpfung schützen?
Die Redaktion hat diesen Test geprüft. Im Gegensatz zu anderen Erfahrungen, die die Autorin unserer Geschichte gemacht hat, bleiben die Wissenschaftler mit ihren Anregungen zurückhaltend.
„Nicht jeder Erschöpfungszustand ist ein Burnout“, betont Rüdiger Hossiep. Am Ende bekommen Teilnehmer einen Gedankenanstoß. Behandlungsempfehlungen oder medizinische Ratschläge werden bewusst nicht gegeben. Firmen können davon profitieren. Die Psychologen möchten den Fragebogen weiterentwickeln, um anschließend damit an Arbeitgeber heranzutreten. „Die Zitronenmentalität, die vielerorts herrscht, wird in Zukunft nicht mehr funktionieren“, stellt Rüdiger Hossiep fest. Unternehmen könnten es sich nicht leisten, die Arbeitskraft bis zum letzten Tropfen aus den Mitarbeitern herauszupressen.
Entgegenwirken auchvolkswirtschaftlich sinnvoll
Wegen psychischer Probleme ist die Zahl der Frühverrentungen, die für die Betroffenen auch erhebliche finanzielle Einbußen bedeuten, bereits stark gestiegen.
Dies belegen die aktuellen Zahlen der Deutschen Rentenversicherung: Im vergangenen Jahr waren in vier von zehn Fällen psychische Erkrankungen der Grund für den vorzeitigen Ruhestand. Im Jahr 2000 lag dieser Anteil noch bei gerade einmal 24 Prozent.
„Es wird immer wichtiger, die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen zu erhalten“, sagt Rüdiger Hossiep mit Blick auf den Fachkräftemangel und kleinere Belegschaften. Der Test soll ein erster Schritt sein, Schwachstellen aufzudecken: Hat das vom Mitarbeiter empfundene Problem etwas mit Burnout zu tun oder sind andere Faktoren dafür verantwortlich?
Danach müssten zum Beispiel Personal-Maßnahmen wie etwa persönliche Beratung durch Spezialisten aus Sozial- oder Personalabteilungen greifen.
Hossiep: „Frühzeitig dem Burnout entgegenzuwirken ist für alle Beteiligten sinnvoll – auch volkswirtschaftlich gesehen.“