Köln. .

Es war so, als hätte der selige Quizmaster Hans-Joachim Kulenkampff fröhliche Auferstehung gefeiert. Drei Kandidaten und ein Job – insgeheim stand die Wahl zum WDR-Intendanten unter dem Motto „Einer wird gewinnen“. Vor Beginn der Sitzung gestern Vormittag um elf hatte sich die Vorsitzende des Rundfunkrates, Ruth Hieronymi, ausdrücklich nicht auf einen der drei Kandidaten festgelegt. Um 16.45 Uhr war es soweit: Tom Buhrow (54) hatte sich gegen Jan Metzger (57) und Stefan Kürten (53) durchgesetzt. Er erhielt im Rundfunkrat 41 Stimmen bei vier Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen. Journalist schlägt Manager-Typen.

Auf Buhrow kommt eine Menge Arbeit zu. Er muss Vertrauen schaffen, intern wie extern. Das Verhältnis zwischen der überraschend vorzeitig ausgeschiedenen WDR-Intendantin Monika Piel und den mehr als 4000 Festangestellten stand – wie vielerorts zu hören – nicht zum Besten. Piel und dem Direktorium wurde vorgeworfen, allzu selten das Gespräch mit der Belegschaft zu suchen. Auch das war ein Grund für den Aufstand gegen die WDR-3-Reform.

Ein Mann für die lange Strecke

Aber auch extern geht Marathon-Läufer Buhrow auf die lange Strecke. Er muss sich dem digitalen Wandel stellen. Der Internet-Auftritt des WDR verträgt deutlich mehr bewegte Bilder, nicht nur bei der Mediathek. Buhrow muss zudem zeigen, dass er junges Programm kann. Das WDR-Fernsehen wirkt – Bernd Stelter hin, Tamina Kallert her – weithin behäbig. Zudem darf von dem in Köln beheimateten Sender erwartet werden, dass sein regionales TV-Programm nicht nur für „Anrheiner“ gemacht wird. Beim Hörfunk muss Buhrow den Beweis erbringen, dass aufwändige Kulturbericht-Erstattung auch Reichweite erzielen kann. WDR 3 hat, trotz leicht anziehender Resonanz, gerade mal einen Tagesmarktanteil von 1,5 Prozent.

Nebenher muss Buhrow die Interessen der größten ARD-Anstalt in der Intendantenrunde des Ersten vertreten, auch medienpolitisches Geschick kann nicht schaden – in Zeiten, in denen die Rundfunkgebühren so stark wie nie zuvor in Frage gestellt werden.

All das wird Buhrow vom Rundfunkrat zugetraut. Bereits bei der ersten Vorstellung der drei verbliebenen Kandidaten, lang vor der Wahl, sorgte der einstige Korrespondent für eine positive Überraschung. Am Wahltag legte er nach Informationen dieser Zeitung erneut einen starken Auftritt hin. Metzger und Kürten hingegen blieben blass.

Ein starkes Team muss her

Ob einer starken Präsentation auch eine starke Amtszeit folgt, bleibt abzuwarten. Bisher leitete Buhrow nur kleine Teams, bei der „Aktuellen Stunde“ in Köln, als Korrespondent in Paris und Washington und zuletzt als Moderator der „Tagesthemen“. Jetzt führt der Mann aus Troisdorf einen Laden mit mehr als 4000 Mitarbeitern und einem 1,3-Milliarden-Etat.

Was Buhrow an Management-Erfahrung fehlt, kann er ausgleichen, in dem er sich mit einem starken Team umgibt. Die Situation ist günstig. Im Frühjahr kommenden Jahres werden zwei Schlüsselstellen im WDR neu besetzt: Fernsehdirektorin Verena Kulenkampff und Hörfunk-Chef Wolfgang Schmitz gehen beide Ende April. Gute Chancen auf die Nachfolge von Schmitz werden 1Live-Chef Jochen Rausch zugeschrieben. Bei der Besetzung des TV-Chefs könnte Buhrow auf einen Mann zugehen, der bei der Intendanten-Kür gar nicht erst angesprochen worden war: Chefredakteur Jörg Schönenborn. Er kam nach unseren Informationen aus einem schlichten Grund nicht zum Zug. Der Rundfunkrat wollte einen Neustart. Damit schied eine interne Lösung aus.