Dortmund. Mehr als tausend Bewerber kamen am Samstag in die Dortmunder Brückstraße, um sich für die Tatorte in Dortmund, Köln oder Münster als Komparsen casten zu lassen. Vor dem altehrwürdigen Kino Schauburg riss die Menschentraube trotz der Minusgrade nicht ab. Drinnen warteten die Fotografen mit der Kamera.
Es war ein Vorgeschmack auf das Warten am Set: Die ersten potenziellen Komparsen standen bereits zwei Stunden vor Beginn des "Tatort"-Castings frierend vor den Kino-Türen. Sie alle wollten einmal bei der ARD-Krimireihe und vor allem beim Dortmund-Tatort mittendrin sein und nicht nur vor dem Fernseher dabei.
Ein Casting wie am Fließband. In Gruppen von rund 50 wurden die Bewerber eingelassen. Erst ein Datenblatt ausgefüllt und ab in den nächsten Stau, um sich von einem der drei Fotografen auf der Kinobühne ablichten zu lassen.
Wie am Fließband
Regie beim Fließband-Casting führte Gregor Weber von der Agentur Eick. Er machte den Film-Aspiranten Mut: "Wenn man eine Leiche spielt, ist es oft noch kälter." 200 bis 400 Komparsen benötige man für einen durchschnittlichen Spielfilm. Im Dortmunder Tatort könne er über 1000 Menschen unterbringen, gemeinsam mit den NRW-Tatorten in Köln und Münster sogar über 2000.
Das hörte nicht nur Udo Barth (55) gern. Der Kranführer aus Lanstrop sieht am liebsten den Tatort aus Münster. Er hat von dem Foto-Casting in der Zeitung gelesen und "einfach Lust, mal etwas anderes zu probieren und hinter die Kulissen zu schauen."
Auto war zu gelb
TatortJasmin Hodzic (25) aus Bergkamen hätte es am Samstag fast schon geschafft, für den Tatort-Dreh in Köln in dieser Woche gebucht zu werden. Gregor Weber pickt sich mit geschultem Blick spontan einige interessante Gesichter heraus. Doch Jasmin fehlte das passende Auto, das oft mitgebucht wird. Der Polo des Bosniers war zu gelb. "Wir brauchen meist eine unauffällige Farbe", sagt Weber.
Valerie Reuster (13) aus Brackel hat ihre Mutter Irina (53) und ihren Hund Calimero, einen Cavalier King Charles Spaniel, mitgebracht. Der wurde auf ihrem Schoß gleich mitgecastet - was ihre Chancen erhöht.
Mehr Frauen als Männer
Es sind deutlich mehr Frauen als Männer gekommen, mehr Jüngere als Ältere. Vor allem viele blonde Mädchen. Gregor Weber guckt nach durchschnittlichen Gesichtern, nach Charaktergesichtern oder auch nach historischen Gesichtern. Vor allem aber nach unverbrauchten Gesichtern. Da hat der ältere Mann unter den Bewerbern, der der Presse erzählt, wie oft er schon als Komparse mitgewirkt hat, eher weniger Chancen.
Hilda Jaeger ist ein interessantes Gesicht. Geschminkt, mit Brille, die braunen Haare zum lockeren Dutt gesteckt. Die 71-Jährige ehemalige Tänzerin aus Hörde ist zwar kein Krimi-Fan ("das ist mir zu realistisch"), doch eine Mutter, Schwiegermutter oder Großmutter würde sie schon gern abgeben. Oder auch eine schöne Leiche. Gregor Weber hat sie für eine andere Rolle im Blick: "Als Sexshopverkäuferin."