Essen. . Die EMI hat die Beatles-Alben digital remastert. Nach der CD-Kollektion folgt jetzt eine Vinyl-Ausgabe. Die Scheiben sind als Box zu haben, aber auch als einzelne Langrille. Wir haben reingehört, ob sich die Anschaffung lohnt.

Die EMI legt die Studio-Alben der Beatles neu vor – digital remastert. Die Klassiker der Fab Four sind als Box vom 9. November an zu haben. Die einzelnen Langrillen kommen etwas später in den Handel. Klingt die Neuedition anders als die Originalscheiben?

Der Titel war Programm. Als die Beatles in der Schlussphase ihrer Karriere das legendäre Album „Abbey Road“ vorlegten, verwies der Titel direkt auf das Londoner Studio, in dem die Langrille entstanden. Das Studio war genauso wichtig wie die Band. Im Grunde genommen waren es nicht die Fab Four, die 1969 wieder einmal Musikgeschichte schrieben, sondern die Fab Six, die berühmten Sechs. John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr mögen die kreativen Köpfe gewesen sein. Aber ohne Meisterproduzent George Martin und Toningenieur Geoff Emerick wäre alles nichts gewesen. Tatsächlich setzte „Abbey Road“ Maßstäbe, auch tontechnisch.

Vier Jahre lang die Originale aufpoliert

Und nun bringt die Beatles-Plattenfirma EMI alle 13 Alben plus Bonus-Langrille „Past Masters“, einzelne Ausgaben wie als Box, noch einmal auf gutem, alten Vinyl heraus – klanglich überarbeitet. Lohnt das?

Für die EMI auf jeden Fall: Die vier Jungs aus Liverpool sind auf ihre alten Tage immer noch eine der größten Umsatzstützen ihrer Plattenfirma. Kein Wunder, dass die Musikmanager alle Jahre wieder eine neue Attacke aufs Weihnachtsgeld der Fans starten. 1986 mischte George Martin Beatles-Material digital neu ab. Aber die erste CD-Gesamtausgabe erschien erst 2009. Und dafür trommelte die EMI ein Team versierter Tonmeister zusammen, um den Klangschatz der Beatles aufzupolieren. Allan Rouse und Guy Massey und ihr vierköpfiges Team hatten ganze vier Jahre daran gearbeitet, Nebengeräusche von den Originalbändern zu entfernen. Mehr noch: Die Toningenieure schönten die Klangfarben der Aufnahmen, als seien sie verblichene Fotos.

Die Nachfrage nach Vinyl explodiert

Tatsächlich hat sich der Standard der Studiotechnik in den 60er-Jahren so massiv verändert, dass die frühen Aufnahmen der Beatles mit den späten Stücken klanglich kaum konkurrieren können. So gehört, lohnt sich die digitale Nachbearbeitung auch für die Fans. So wurden die Silberscheiben, in Mono wie in Stereo, ein weltweiter Hit. Aber warum dann noch eine Vinyl-Ausgabe?

Tatsache ist, dass die gute, alte Schallplatte zeitweise als aussterbende Gattung galt. Aber inzwischen hat sie sich als Nischenprodukt etabliert. In Deutschland erreichte sie voriges Jahr den bescheidenen Marktanteil von einem Prozent. Aber – und das ist für die Musikindustrie wichtiger – der Markt wächst rasant. Das Marktforschungsunternehmen Media Control machte allein für Deutschland ein Plus von 18,5 Prozent aus. Stellt sich die Frage nach dem Warum.

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Musik in der Hand halten

LP-Liebhaber schätzen das Gefühl, Musik in der Hand zu halten. Die Musikindustrie trägt dem Rechnung, in dem neue Schallplatten, wie die Beatles-Box, auf 180 Gramm schwere Vinyl-Scheiben gepresst werden. Damit sind sie deutlich schwerer als die Alben, die früher die Plattenläden überschwemmten. Vinyl-Nostalgiker lieben zudem, dass Fotos und Grafiken auf den im Vergleich zur CD wesentlich größeren Covern (31,5 x 31,5 Zentimeter) besser wirken. Genau deswegen heuerten die Beatles Topfotografen wie Robert Freeman oder Edelgrafiker wie Klaus Voormann an.

Der entscheidende Grund für Vinyl ist aber die Klang-Qualität. So meint Folkrock-Dino Neil Young, dass eine CD lediglich 15 Prozent des Klangbildes einer LP wiedergibt, vom noch kleineren Digitalformat mp3 ganz zu schweigen. HiFi-Voodoo oder Fakt?

Nicht alles klingt perfekt, aber der Sound ist satt, die Kanaltrennung super

Ich habe den Test gemacht mit mehreren Stücken aus unterschiedlichen Phasen der Beatles. Stets konkurrierten komplett analoge Aufnahmen meiner LP-Sammlung aus den späten 70ern mit den entsprechenden Stücken der Neupressung. Das Ergebnis fällt unterschiedlich aus. Die digital nachbearbeitete Version von „Across The Universe“ klingt dumpfer als das alte Schätzchen, die aufpolierte „Magical Mystery Tour“ wesentlich transparenter als ehedem. Zuweilen hat die Nachbearbeitung auch die Gewichte von Stimmen und Instrumenten zugunsten der Begleitung verschoben – etwa bei „Come Together“. Was aber alle Aufnahmen der Box eint: Sie klingen satter als früher, scheinbar nebensächliche Details sind plötzlich hörbar, und alle Stücke haben eine fantastische Kanaltrennung.

LP gilt als beständigster Tonträger

Die liebevoll ausgestattete Box hat allerdings ihren Preis. Bei Online-Händlern wie Amazon oder jpc wird die Kiste mit happigen 399 Euro notiert. Im Einzelverkauf kostet eine Langrille allerdings lediglich um die 20 Euro – ein überschaubarer Betrag für ein langes Vergnügen. Denn die LP gilt als beständigster Tonträger.