Das Schreckgespenst Altersarmut. Nein, nicht mehr allein für Bürger mit Minijobs, Niedrigstlöhnen oder gebrochener Erwerbsbiografie, wie es so schön bürokratisch heißt. Ursula von der Leyen hat das Armutsrisiko in die Mitte unserer Gesellschaft gerückt. Der seit vielen Jahren strapazierte Begriff der Versorgungslücke erhält eine noch düstere Qualität.
Sicherlich gilt zu beklagen, dass es bei vielen Beschäftigten an zusätzlicher privater Vorsorge mangelt. Differenziert ist eine solche Betrachtung nicht. Wer heute mit bescheidenen Mitteln nicht nur sich selbst durch das Leben navigiert, sondern mit eigenem Nachwuchs der Vergreisung unserer Gesellschaft begegnet, der kann auf absehbare Zeit aktiv die Lücke nicht schließen, die sich mit Eintritt in das Rentenalter öffnen wird.
Der Unterschied zwischen bescheidenster Grundsicherung und dem verdienten Rentenlohn für ein engagiertes Arbeitsleben muss erkennbarer sein. Das ist das Dilemma der Alarm-Hochrechnungen. Von der Leyens Werben um die Zuschussrente taugt als Initialzündung für eine Diskussion über Parteigrenzen hinweg. Eine Lösung ist sie (noch) nicht. Wer heute nicht vorsorgen kann, muss Teil solcher Rentenplanspiele sein. Wer heute privat gegensteuert und spart, darf sich nicht übervorteilt fühlen. Das Niederringen der akuten Armutsgefahr, es wird ein Ringen gegen die Desillusion.
Die Gerechtigkeitsdebatte im Spannungsfeld unterschiedlicher Lebenspläne wird das größte Kriterium für alle Ideen bleiben. Der Kampf um einen Lebensabend in Würde fordert Visionen. Die Diskussionen über die Betriebsrenten – weiteres Standbein des Systems – werden dabei mehr Last als hilfreich sein.