Der Juli war hervorragend: 8,6 Prozent mehr Steuereinnahmen für Bund und Länder. Und die sechs Monate davor liefen kaum schlechter: 5,5 Prozent plus bislang. Am Jahresende ist mit einem absoluten Rekordergebnis zu rechnen, das deutlich über der Steuerschätzung von 548,2 Milliarden Euro für 2012 liegen dürfte. Das ist nach all den Krisenbotschaften aus Südeuropa doch einmal eine richtig gute Nachricht aus Deutschland. Im Prinzip. Denn die Staatsschulden werden auch in diesem Steuerboomjahr weiter steigen.
Und weil klar ist, dass es mit den Einnahmen nicht dauerhaft so weitergeht, weil die Konjunktur zu schwächeln beginnt, weil nur die Eurokrise stabil scheint und weil eine Schuldenbremse in der Verfassung steht, gibt es jetzt auch in der CDU erste Stimmen, die sich einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes, wie sie von links gefordert wird, nicht mehr prinzipiell verschließen wollen.
Im Prinzip kann man ja auch mit guten Recht bezweifeln, dass es gut für unser Land ist, wenn die Schere zwischen Arm und Reich sich immer weiter öffnet. Aber ganz konkret deutet der Ruf nach höheren Steuern in der gegenwärtigen Situation auf eine gewaltige Wahrnehmungsstörung weiter Teile der politischen Klasse hin: Der Staat hat in Deutschland kein Einnahme-, sondern ein massives Ausgabeproblem.
Und das besteht nur zum Teil darin, dass zu viel Geld ausgegeben wird. Es fließt auch in die falschen Kanäle. Während die Kommunen darben, beschließt der Bund ein Betreuungsgeld und subventioniert die chinesische Solarzellenindustrie; Landespolitiker verheben sich an Großprojekten, und keiner haftet. Und wir wollen dem Rest Europas die Finanzpolitik diktieren? Merkwürdig.