Wohl keine andere sozialpolitische Reform in der Geschichte der Bundesrepublik hat die Arbeitswelt derart nachhaltig verändert wie die Hartz-Reformen. Begriffe wie Ein-Euro-Job, Zeitarbeit, Ich-AG oder Jobcenter prägen seit nunmehr zehn Jahren den Alltag vieler Arbeitnehmer. Aber keine andere Reform hat auch derart polarisiert wie Hartz. An der Frage „Fluch oder Segen?“ scheiden sich bis heute die Geister.
Unbestreitbar ist: Ohne die von SPD-Kanzler Schröder gegen erheblichen Widerstand in der eigenen Partei und in den Gewerkschaften eingeleiteten Veränderungen wäre das Job-Wunder der letzten Jahre so nicht möglich gewesen. Vor allem das Grundprinzip der Reform, „Fordern und Fördern“, trug wesentlich dazu bei, die Zahl der Arbeitslosen fast zu halbieren. Die Zeitarbeit half Unternehmen im Jahr 2008, flexibel auf die dramatische Finanzkrise zu reagieren. Der Wandel vom Arbeitsamt zum Jobcenter hat die Qualität der Arbeitsvermittlung verbessert.
Einiges musste nachgebessert werden, etwa die Anrechnung der Ersparnisse beim Bezug von Arbeitslosengeld oder bei der höchstrichterlich verordneten Korrektur der Hartz-Regelsätze. Und so manche Hoffnung der Hartz-Macher erfüllte sich nicht: Die „Ich-AGs“ führten nicht zum erhofften Gründerboom, die Ein-Euro-Jobs münden zu selten im ersten Arbeitsmarkt.
Zeitarbeit als billige Alternative zur Festanstellung
Dass das Instrument der Zeit- und Leiharbeit von manchen Unternehmern als billige Dauer-Alternative zur Festanstellung missbraucht wird, ist ein Skandal. Flexibilität ist sicher wichtig für Firmen, aber motivierte Arbeitskräfte sind es auch. Sollte hier nicht bald ein Umdenken in den Chefetagen stattfinden, ist die Politik gefordert, neue Regeln zu setzen. „Hartz“ bleibt auch nach zehn Jahren eine Baustelle.
Trotz aller Einschränkungen aber war das Hartz-Reformpaket insgesamt richtig. Der Kampfbegriff der Kritiker vom sozialen Kahlschlag ist überzogen. Fraglos sind Zeitarbeit oder Aufstocker-Jobs kein vollwertiger Ersatz für einen festen Arbeitsplatz; aber der wäre in vielen Fällen auch nicht die Alternative – sondern die Arbeitslosigkeit.