Acta hantiert mit Rechtsbegriffen, die viel zu schwammig sind und damit im Zweifel eben doch Handhabe bieten, mit großen juristischen Kanonen auf kleine Nutzer zu schießen. Ein Kommentar.
Als es vollbracht war, gab es viel Drachentöterstolz im Europaparlament: Nicht wenige Abgeordnete zeigten sich geradezu überwältigt von der eigenen Courage und Tatkraft, mit der man das Monster Acta zur Strecke gebracht hatte. Tatsächlich haben sich neben Brüsseler Kommission und den Regierungen der Mitgliedsländer die EU-Volksvertreter in dieser vermurksten Angelegenheit gleichfalls nicht mit Ruhm bekleckert.
Die überwältigende Mehrheit, mit der das internationale Abkommen schließlich gekippt wurde, ist überwiegend nicht das Resultat gediegener Text-Analyse und Meinungsbildung, sondern Folge des Schock-Erlebnisses angesichts der General-Mobilmachung der Netz-Gemeinde Anfang des Jahres.
Eine gute Portion Schlampigkeit und Heuchelei ist auch bei den Christdemokraten im Spiel, die nun auf Zeit spielen wollten und verlangten, das Rechtsgutachten des Europäischen Gerichtshofes abzuwarten: Das läge längst vor, wenn das Parlament in seiner Mehrheit nicht geschlafen und die Expertise, wie von den Grünen schon vor anderthalb Jahren gefordert, rechtzeitig in Auftrag gegeben hätte.
Dennoch war die Entscheidung am Mittwoch richtig: Acta hantiert mit Rechtsbegriffen, die viel zu schwammig sind und damit im Zweifel eben doch Handhabe bieten, mit großen juristischen Kanonen auf kleine Nutzer zu schießen. Und es verquirlt zwei Sorten Verstöße gegen das Recht auf geistiges Eigentum, die in der Praxis wenig miteinander gemein haben: Der unzulässige Zugriff auf Musik und Videos im Internet ist etwas anderes als das Geschäft mit gefälschten Handtaschen, Maschinen oder Medikamenten. Bei der Arbeit an einem sachgerechten europäischen Urheber- und Urheberschutz-Recht haben auch die EU-Abgeordneten etwas gutzumachen.