Ein Jahrtausende alter Ritus, auf der ganzen Welt praktiziert, ist von einem einzigen deutschen Landgericht zur Straftat erklärt worden. Erstmals haben Kölner Richter die im Judentum und Islam übliche Beschneidung von Jungen als strafbar bewertet. Die Kritik kam prompt und heftig - auch von Christen.

Es ist ein Dilemma, weil hier Grundrechte einander gegenüber stehen: Zum einen die Religionsfreiheit der Eltern und ihr Erziehungsrecht. Dies zu schützen ist in einer zunehmend laizistischen Gesellschaft, in der es fast schon Mut braucht, sich als religiös zu bekennen so wichtig wie eh und je.

Argumentation ist nachvollziehbar

Zum anderen ist da das Recht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit. Dieses wird zum Beispiel durch eine Taufe, eine Bar-Mitzwa-Feier nicht verletzt, wohl aber durch eine Beschneidung. Zumindest nach Ansicht der Richter - und deren Argumentation ist auch nachvollziehbar: Wenn sich das Kind später von der Religion abkehrt, ist der Eingriff nicht rückgängig zu machen. Die Überlegung scheint einleuchtend, dass die Rechte der Eltern nicht unzumutbar beeinträchtigt werden, wenn sie abwarten, bis der Sohn religionsmündig ist und sich selbst für die Beschneidung entscheidet. Das nimmt ihnen nicht das Recht, ihr Kind zum Glauben zu erziehen.

Mit einem Urteil aber lässt sich ein Jahrtausende alter Ritus kaum unterbinden, schon gar nicht ohne Verwerfungen in der Gesellschaft. Vielmehr ist zu erwarten, dass Eltern mit ihren Kindern ins Ausland reisen, um sie dort beschneiden zu lassen. Es bedarf daher Diskussionen, Aufklärung - und Zeit.