Es sollte der größte deutsche Börsengang seit dem der Post im Jahr 2000 werden. Doch angesichts der unsicheren Lage an den Finanzmärkten muss der Evonik-Konzern seine Pläne erneut auf Eis legen.

Das ist ein Rückschlag in mehrfacher Hinsicht: Für das Management des Spezialchemie-Konzerns, denn die Börsennotierung wäre das Sahnehäubchen auf einem erfolgreichen Umbau des Unternehmens gewesen. Für die Anteilseigner, die vergeblich auf Milliardenerlöse gehofft hatten. Und auch für die Region: Denn ein neuer Kandidat für den deutschen Leitindex Dax hätte die wirtschaftliche Potenz des Ruhrgebiets herausgestellt. Und vor allem sollten die Milliarden aus dem Börsengang einen sicheren Kapitalstock bilden, um die Folgekosten des Bergbaus tragen zu können.

Nun wird die Region ohne dieses Geld nicht absaufen. Die Dividenden, die Evonik dem Mehrheitseigner RAG-Stiftung zahlt, sollten dafür sorgen können, dass die Pumpen für die Grubenwasserhaltung auch nach der Schließung der letzten Steinkohlen-Zeche Ende 2018 weiterarbeiten können. Und es ist immer noch besser, den Börsengang jetzt zu verschieben, als Evonik-Aktien unter Wert auf den Markt zu werfen.

Doch Evonik unterliegt nicht allein ökonomischen Gesetzmäßigkeiten. Die RAG-Stiftung ist eine hochpolitische Veranstaltung, in der zäh um die Macht gerungen wird. Sie zum Werkzeug einer neuen Industriepolitik zu machen ist eine Idee, die derzeit manchen Politiker und Gewerkschafter umtreibt. Dergleichen gab es schon einmal: Die Landesbank WestLB drehte in der Industriepolitik einst ganz große Räder. Dieses Instrument steht heute bekanntlich nicht mehr zur Verfügung.

Der Börsengang hätte den Einfluss der Politik auf Evonik weiter abgemildert. Sein Platzen bedeutet umgekehrt: Der Weg dahin, ein „strotznormales“ Unternehmen zu werden, ist wieder ein Stück länger geworden.