Der arabische Frühling in Ägypten ist vorerst verblüht. Nach der Entscheidung des Obersten Verfassungsgerichts, das Parlament aufzulösen und die Kandidatur korrupter Mitglieder des alten Regimes für öffentliche Ämter zu erlauben, steht das 80-Millionen-Land wieder bei Null: ohne Verfassung, ohne Präsidenten, ohne gewählte Volksvertreter. Das Urteil der noch von Mubarak berufenen Verfassungsrichter sichert dem Militärrat seine Rolle als Übergangsregierung auf unbestimmte Zeit.

Ein Schachzug, mit dem die privilegierten Generäle die Machtübergabe an eine demokratisch legitimierte Regierung verschleppen, zumal sie nach dem Willen des Verfassungsgerichts auch die Kompetenzen des aufgelösten Parlaments erhalten sollen. Das alte Regime hat sich mit seinen noch funktionierenden Seilschaften in der Justiz, bei der Polizei und beim Militär wieder an die Macht geschlichen.

Die Empörung der Bevölkerung, der Menschen, die aktiv für eine Zivilgesellschaft eingetreten sind, über diesen versteckten Staatsstreich ist groß. Mit ihnen gehören die Muslimbrüder und die Salafisten zu den Verlierern. Weltweit wächst die berechtigte Sorge vor einem Bürgerkrieg. Mit dem arabischen Frühling ist in Ägypten die Euphorie der Menschen auf eine Verbesserung ihrer Lebensumstände verflogen.