Stockholm. . Die intensive Nutzung von Handy und Internet führt bei jungen Menschen zu Schlafstörungen Depressionen und anderen Stresserkrankungen zeigt erstmals eine umfassende Studie schwedischer Forscher. Jungen Wenignutzern von Handy und Internet geht es durchgehend besser, als ihren Technikfreunden.

Eine neue Studie aus Schweden hat erstmals nicht mit der beunruhigend unerforschten Langzeitwirkungen von vermeintlich krebserregenden Strahlungsschäden durch drahtlose Internetverbindungen und Handy-Netze zu tun. Nein. Dem renommierten Göteborger Universitätskrankenhaus Sahlgrenska geht es in einer am Donnerstag teilveröffentlichten Studie stattdessen um die von Handy und Internet zunehmend strapazierte Menschenseele.

„Tausend mal berührt, tausendmal ist nichts passiert“. Wer kennt das nicht? Im Internet und Handy könnte man das ganze Leben innerhalb weniger Tage mit ein paar Knopfdrücken organisieren. Aber irgendwie passiert das nie. Endlose Internetschleifsitzungen erschweren oft einfachste Entscheidungen, etwa beim TV-Kauf und erhöhen den erlebten Stress, obwohl einem doch der Gang ins Kaufhaus erspart wird.

Jüngere Generationen sind heute immer empfangbar

Dabei sind vor allem jüngere Generationen gänzlich ohne die bis Mitte bis Ende der Neunzigerjahre anhaltende Handy- und Internfreie Zeit aufgewachsen. Sie sind heute fast ununterbrochen empfangbar. Feste Monatspreise haben das telefonieren so billig gemacht, dass ein entspannter, jugendlicher Spaziergang schnell zur Telefonkonferenz werden kann.
Schließlich sind die Jungen Menschen die Pioniere, die Testkaninchen, der zweiten, nicht mehr dampfenden, sondern digitalisierenden, industriellen Revolution. Zudem ist Schweden, nach den USA, weltweit eines der Länder mit besonders frühzeitiger Ausbreitung von Handy- und Internetnutzung war.

Aus all diesen gründen untersuchten Forscher des Göteborger Universitätskrankenhauses Sahlgrenska in mehreren recht umfassenden Teilstudien, ob und gegebenenfalls wie die Handy- und Internetnutzung die psychische Gesundheit von jungen Schweden beeinflusst.

Intensive Nutzung kann zu Schlafstörungen, Stress und Depressionen führen

Das Ergebnis der Studie ist bemerkenswert. Demnach leiden junge Menschen, die das Internet und Mobiltelefone intensiv anwenden, signifikant häufiger an Schlafstörungen, höherem erlebten Stressniveau und psychischen Krankheiten, wie Depressionen, permanente Unruhe und Angst, warnen die Göteborger Forscher.

Vor allem Frauen mit intensiver Handynutzung leiden an Depressionen, Männer eher an Schlafstörungen, laut dem Studienergebnis. Eine Kombination aus intensiver Internetnutzung am Computer und intensiver Handynutzung erhöht demnach die negativen Symptome. Die Untersuchung ist repräsentativ. Der quantitative Teil umfasst 4100 junge Menschen im Alter von 20 bis 24 Jahren. Das ist eine enorme Stichprobe. Hinzu kommt ein qualitativer Teil indem 32 Intensivnutzern von Handy und Internet interviewt wurden.

Die Forschungsleiterin Sara Thomée rief im schwedischen Radio SR am Donnerstag gar zu neuer Begrenzungspädagogik bei der Nutzung auf.

Grenzen der Erreichbarkeit sollen bewusst wiedererschaffen werden

„Wir empfehlen aufgrund der Ergebnisse, mehr für eine gesundheitsbewusste Nutzung von Internet und Handy zu tun. Es geht beispielsweise darum, die Wichtigkeit von Pausen zu sehen. Dem rauchenden Köpfen müssen handy- und internetfreie Regenerierungszeiten geboten werden“, empfiehlt sie. Es gehe darum, die vor Internet und Handy Zeitalter noch ohne Zutun vorhandenen Grenzen der Erreichbarkeit bewusst wiederzuerschaffen.

„Man muss Grenzen setzen, wann man am Computer im Internet ist und wann man über das Handy erreichbar ist, um seelische Probleme zu vermeiden“, sagt Thomée und erinnert damit sehr an die gesellschaftlich um einiges kritischer betrachtete Ausbreitung des Fernsehens in den 60ern und 70ern.