München.. Die Leiche von John Demjanjuk wird nächste Woche in die USA geflogen. In Cleveland, wo auch seine Angehörigen leben, soll er beerdigt werden. Am Samstag war der ehemalige KZ-Aufseher im Alter von 91 Jahren in Oberbayern verstorben. Das “Simon Wiesenthal Zentrum“ rechnet damit, dass die Beerdigung zum Neonazi-Spektakel werden könnte.

Der vor wenigen Tagen in Oberbayern verstorbene ehemalige KZ-Aufseher John Demjanjuk wird in den Vereinigten Staaten beerdigt. Das Bestattungshaus Aufinger kümmert sich um die Überführung des Leichnams nach Cleveland (Ohio), wo die Angehörigen leben, wie ein Unternehmenssprecher am Mittwoch sagte. Vermutlich Anfang nächster Woche würden die sterblichen Überreste per Flugzeug in die USA gebracht. Die Kosten würden von der Familie getragen.

Das Bestattungsinstitut aus Oberaudorf hat den Angaben zufolge bereits die Leiche Demjanjuks bei der Rechtsmedizin in München abgeholt, um sie für den Transport zu präparieren. Der in einem der letzten großen NS-Kriegsverbrecherprozesse verurteilte Demjanjuk war am Samstag tot in seinem Bett in einem Pflegeheim in Bad Feilnbach gefunden worden. Er wurde 91 Jahre alt.

Ohne Pass können auch Tote nicht reisen

Demjanjuk war für den Prozess in München aus den USA abgeschoben worden und hatte die US-Staatsbürgerschaft verloren. Ohne Pass können auch Tote nicht reisen, sodass der Staatenlose eigentlich in Deutschland auf Staatskosten beigesetzt werden sollte. Demjanjuks Anwalt Ulrich Busch hatte sich auf Wunsch der Familie bei den US-Behörden dafür eingesetzt, dass der Leichnam überführt wird.

Das US-Generalkonsulat in München bestätigte der dapd, dass es Demjanjuks Angehörigen in den Vereinigten Staaten in der Angelegenheit "konsularische Hilfestellung" leiste. "Aus Respekt vor der Privatsphäre der Familie kommentieren wir dies nicht weiter", sagte eine Konsulatssprecherin. Auch Verteidiger Ulrich Busch wollte sich auf Anfrage nicht weiter zu der Einigung äußern.

Der gebürtige Ukrainer war vor zehn Monaten zu fünf Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord an 28.060 Menschen im Jahr 1943 im Vernichtungslager Sobibór verurteilt worden. Das Landgericht München II ließ ihn anschließend frei, weil es keine Fluchtgefahr sah und das Urteil durch die Revision von Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht rechtskräftig wurde.

Sorge vor Wallfahrtsstätte für Neonazis

Nach dem Willen der Familie wird Demjanjuk in einem Vorort von Cleveland beerdigt. Jüdische Organisationen befürchten, die Beerdigung könne zu einem Spektakel für Neonazis und das Grab zu einer Wallfahrtsstätte für sie werden. Der Nazi-Jäger Efraim Zuroff, der das Simon Wiesenthal Zentrum in Jerusalem leitet, sagte der Nachrichtenagentur AP: "Ich habe keine Zweifel, dass eine Beerdigung (...) zu einer Demonstration der Solidarität und Unterstützung für Demjanjuk würde. Und offen gesprochen, er ist die letzte Person auf Erden, die Sympathie verdient hat."

In einer E-Mail teilte John Demjanjuk junior mit, dass er die Bedenken nicht teile. "In den vergangenen über 35 Jahren hatte unsere Familie absolut keine Verbindungen zu irgendeiner Art von neonazistischer Gruppierung."

Rabbi Marvin Hier, Gründer des Simon Wiesenthal Zentrums in Los Angeles, erklärte, Demjanjuk habe nicht die Statur gehabt, damit ihn bewundernde Neonazis zu seinem Grab pilgern. "Er ist kein Adolf Hitler", sagte Hier. Aber er ist sich sicher, dass es für die Familie schwer wird, einen Friedhof zu finden, der Demjanjuk aufnimmt. (dapd)