Im Dezember vergangenen Jahres zog US-Präsident Obama in Fort Bragg, North Carolina, einen Schlussstrich unter den Irak-Krieg. Die amerikanischen Truppen hätten ein Land verlassen, das „sicher und stabil“ ist, rief er den Soldaten zu. Ein Hohn. Im Irak gibt es – außer in der autonomen Region Kurdistan im Norden – keine Sicherheit und keine Stabilität. Das zeigt nicht nur die verheerende Anschlagsserie, die am Dienstag das Land erschütterte. Nahezu täglich ermorden Extremisten Sicherheitskräfte und Zivilisten, meistens Schiiten. Minderheiten wie Christen und Jesiden werden verfolgt und aus ihrer Heimat vertrieben. Die Infrastruktur liegt am Boden, die Korruption blüht. Schiiten, Sunniten und Kurden ringen um Macht und die Verteilung der Öleinkommen, die Regierung der nationalen Einheit unter Premier Maliki ist heillos zerstritten. Der Regierungschef selbst entwickelt sich zum Autokraten. Provinzen im Süden und im Zentralirak streben nach Autonomie. Saudi-Arabien und Iran, die beiden großen Gegenspieler, nutzen das Land als Spielfeld um ihren Einfluss in der Region zu vergrößern.

In einer Woche will die arabische Liga in einem hermetisch abgeschirmten Bagdad tagen. Die Gipfelteilnehmer werden ein geschundenes Land besuchen, das vor den Augen der Weltöffentlichkeit zerfällt.