Beirut. . Er lässt sich vom Iran beraten und pflegt einen ausschweifenden Lebensstil: Vom britischen „Guardian“ veröffentlichte angebliche private E-Mails von Baschar al-Assad geben Einblicke in den Machtapparat des syrischen Präsidenten.
Die britische Zeitung „Guardian“ hat nach eigenen Angaben Tausende von mutmaßlichen E-Mails des syrischen Präsidenten Baschar Assad und seiner Frau Asma zugespielt bekommen. Sie seien von Mitgliedern des Obersten Revolutionsrats abgefangen worden, berichtete der „Guardian“. Nähere Angaben machte das Blatt nicht, druckte aber eine lange Erklärung, warum es die E-Mails für echt halte.
Aus den Mails gehe hervor, dass sich Assad Rat in Teheran über den Umgang mit der Protestbewegung holte, sich über seine Reformversprechen lustig machte und US-Sanktionen umging, um bei iTunes einzukaufen. Seine Frau habe online für Zehntausende Euro Schmuck und Luxusgüter bestellt, hieß es.
Iran rät zu „hitziger“ Sprache
Kurz vor einer Rede im Dezember habe Assads Medienberater geschrieben, dass seine Vorschläge „auf Besprechungen mit einer großen Anzahl von Leuten einschließlich dem politischen Berater des iranischen Botschafters“ beruht hätten. Die Vorschläge enthielten den Rat, dass Assad eine „starke und hitzige“ Sprache verwenden solle und „mehr Informationen über unsere militärischen Möglichkeiten“ lancieren sollte, um die Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass das Regime einer militärischen Herausforderung standhalten könne.
n einer weiteren E-Mail offenbar von Assads Berater für die Protesthochburgen ist von Einsätzen die Rede, um in „Idlib und Hama staatliche Kontrolle und Autorität wieder herzustellen“. Assads Frau erhielt demnach wohl eine Nachricht von Majassa al-Thani, der Tochter des Emirs von Katar, in der diese dem Ehepaar Asyl zum Gang ins Exil rät. „Wir haben zweierlei gesehen: Machthaber, die zurücktreten und politisches Asyl bekommen und solche, die brutal angegriffen werden“, schrieb al-Thani. Es sei nun ein „gute Gelegenheit“ zu gehen.
In den Mails befänden sich Familienfotos und Videos, ein eingescannter Personalausweis Assads und andere Details, die selbst für die besten Fälscher schwer herzustellen seien, schrieb der „Guardian“. Allerdings sei eine Fälschung nie auszuschließen.
Im Juli habe Assads Frau bei einem Pariser Juwelier vier Halsketten bestellt und erstaunlich gelassen reagiert, als sie erfuhr, dass sich die Lieferung verzögere. „Ich habe absolut keine Ahnung von Goldschmiedearbeiten“, habe sie geschrieben und sich mit „Küsschen“ verabschiedet.
Westlicher Musikgeschmack
Die Mails lassen den Schluss zu, dass die Assads eine intakte Ehe führen. Laut Guardian ließ Asma ihren Mann in einer Mail wissen, dass sie um fünf Uhr nachmittags fertig sei und ihn treffen wolle. Er habe geantwortet, dass dies die beste Nachricht des Tages sei anstelle der „Quatschgesetze über Parteien, Wahlen, Medien...“. In einer anderen Mail habe Assad seiner Frau ein Video von einem Zauberkünstler aus einer US-Talentshow geschickt.
Der syrische Präsident wollte offenbar auch nicht auf westliche Musik verzichten. Um die Sanktionen der USA gegen sein Land zu umgehen, eröffnete er laut „Guardian“ ein Konto unter falschem Namen und einer Adresse in New York beim Online-Musikversand iTunes. Er habe seiner Frau einen iTunes-Song von US-Countrystar Blake Shelton geschickt mit dem Titel „God Gave Me You“ - Gott hat mir dich gegeben. In dem Zeitungsbericht werden außerdem die Bands Right Said Fred, New Order und LMFAO als Teil des präsidialen Musikgeschmacks ausgewiesen.
Gegner und Anhänger Assads auf den Straßen
Die syrische Führung weigert sich seit Beginn der Proteste vor genau einem Jahr, diese als solche anzuerkennen und spricht von Taten „bewaffneter Terroristen“. Seit die Revolte mit Demonstrationen am 15. und 16. März 2011 in Damaskus begonnen hatte, starben Schätzungen zufolge mehr als 8500 Menschen. Rund 200 internationale Organisationen forderten am Donnerstag ein Ende der Gewalt und mahnten vor allem Russland und China dazu, eine Verurteilung durch den UN-Sicherheitsrat nicht länger zu blockieren.
In Damaskus, Aleppo und weiteren Städten folgten zehntausende Regierungsanhänger einem Aufruf der Staatsmedien, für Assad und „jedes verlorene Leben im Kampf für Syrien“ zu demonstrieren. Die Kundgebungsteilnehmer hielten Porträts von Assad in den Händen. Die Opposition hatte ihrerseits zu Protesten aufgerufen.
Die Gewalt hielt indes an: In der am Mittwoch von Regierungstruppen eingenommenen Stadt Idlib wurden die mit Folterspuren übersäten Leichen von 23 Menschen entdeckt. In der Provinz starben nach Angaben von Aktivisten am Donnerstag mindestens fünf Menschen, auch in der Region Deir Essor kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen.