Im Psycho-Krieg um die Atom-Ambitionen des Iran hat die Etappe im Weißen Haus den Frontverlauf nicht grundlegend geändert. Ob es in Kürze zu einem Angriff auf die unterirdischen Atom-Anlagen des Mullah-Regimes kommt, dem im Nahen Osten ein Flächenbrand folgen kann, bleibt nach dem Treffen von Obama und Netanjahu eine Glaubensfrage; vor allem zwischen zwei Männern.
Vertraut der israelische Premier dem US-Präsidenten, dann lässt er vorerst zumindest die Finger von einem folgenschweren Alleingang. Obamas Solidaritätsadressen an Israel und seine glasklare Gewaltandrohung in Richtung Teheran lassen keine Spielräume für Interpretationen offen. Amerika will keine Atommacht Iran. Was bedeutet: Bleibt Teheran auf seinem Kurs, verfehlen die Wirtschaftssanktionen ihr Ziel, dann werden die USA am Ende des Tages Bomben abwerfen. Die Frage ist – wann?
In einem wichtigen Detail liegen die Partner aber weit auseinander. Amerika sieht den Iran nicht an dem Punkt, der unwiderlegbar den Griff nach der Atombombe beweist. Ein zweites Irak, wo Massenvernichtungswaffen zur Legitimierung eines verheerenden Krieges herbeigelogen wurden, kann sich Washington nicht erlauben. Israel glaubt dagegen, der Zeitpunkt, Teheran von der Entwicklung atomarer Waffen abzuhalten, ist bald überschritten.
Diese unterschiedliche Bewertung kann eine unheilvolle Dynamik auslösen. Wenn sich Zeitfenster schließen, verlieren Menschen die Nerven. Israel, mit der Holocaust-Erfahrung im kollektiven Gedächtnis, beansprucht hier mit Blick auf das prinzipiell feindselige Verhalten Teherans gesondertes Verständnis. Zu Recht. Obamas Position macht das noch schwerer. Der Präsident ist ein Getriebener. Er will keinen Krieg. Aber er will auch keine Bombe in den Händen eines unberechenbaren Regimes. Israel im Wahljahr auch nur ansatzweise das Gefühl zu geben, im Zweifelsfall allein gegen die Mullahs zu stehen, wäre sein politischer Untergang.