Paris. . Ikea Frankreich soll seit mehreren Jahren Mitarbeiter, Bewerber und auch Kunden ausspioniert haben. Die Sicherheitsfirma “Sûreté International“ soll laut einem Medienbericht problemlos auf abgeschirmte Datenbanken zugegriffen haben, um Hintergründe und Details aus dem Leben der Betroffenen auszuleuchten.

Französische Ikea-Mitarbeiter liegen im Clinch mit dem schwedischen Möbelriesen. Ihr schlimmer Verdacht: Mitarbeiter und sogar Kunden sollen über Jahre hinweg ausspioniert worden sein. Über ein Dutzend Mitarbeiter stellten jetzt Strafanzeige gegen Unbekannt wegen Datenmissbrauchs.

Die Satirezeitschrift "Le Canard Enchaîné hat die Spitzelaffäre in ihrer aktuellen Ausgabe enthüllt. Danach schloss Ikea Frankreich 2003 eine Abmachung mit einer Sicherheitsfirma namens "Sûreté International". Ein Privatunternehmen, das offenbar problemlos auf streng abgeschirmte Datenbanken zugreifen konnte - so auf das zentrale Straftatenregister der französischen Polizei oder auf die Rechner der Führerschein- und Kfz-Zulassungsstellen. Recherchen der Internetzeitung "Mediapart" brachten ferner zu Tage, dass Ikea sogar an die Bankdaten von Mitarbeitern gelangte oder ihre Telefonunternehmen anzapfte.

Privatleben von Mitarbeitern wurde offenbar systematisch ausgeleuchtet

Ursprünglich dienten die Bespitzelungen wohl dem Ziel, das Unternehmen vor Mitarbeitern oder Bewerbern mit zwielichtigem, möglicherweise gar kriminellem Hintergrund zu schützen. Doch der Wissensdurst nach privaten Details aus dem Leben der Anderen wurde offenbar immer größer.

Im "Canard" veröffentlichte Kopien von E-Mails zwischen einem Ikea-Abteilungsleiter und einem Privatdetektiv belegen, wie systematisch das Privatleben von Mitarbeitern ausgeleuchtet wurde. Angeblich umfasst der Schriftverkehr Hunderte E-Mails. Wunderten sich die "Ikea-Schnüffler" zum Beispiel darüber, dass ein Mitarbeiter trotz niedrigen Gehalts mit einem teuren Sportwagen, einem grauen Audi TT" vorfuhr, wurde prompt nachgefragt. Ikea an Detektiv: "Wer bitte ist der Besitzer dieses Fahrzeugs?". In einem anderen Fall machte ein schickes BMW Cabrio stutzig. Wie sich jedoch herausstellen sollte, gehörte das Auto gar nicht dem Mitarbeiter, sondern dessen Vater. Außerdem handelte es sich bei dem "suspekten" Mitarbeiter um einen harmlosen Studenten, der einmal pro Woche bei Ikea arbeitete, um sein Portemonnaie aufzubessern.

Für die Spionage wurden keine Kosten gescheut

Die Geheimdienst-ähnlichen Recherchen machten auch vor dem Intimleben nicht halt. So wurde aus Toulouse "nachgefragt", wenn der Lebensgefährte einer Kassiererin dem so genannten "Risikomanagement"-Direktor "a priori zigeunerisch und gefährlich" vorkam. Wie die Satirezeitschrift ferner belegt, geriet auch ein unbequemer Ikea-Kunde, der in einer Streitsache 4000 Euro zurückforderte, ins Fadenkreuz. Das Unternehmen, das ansonsten mit spitzem Bleistift kalkuliert, ließ sich die Bespitzelung einiges kosten. Immer wenn der private Sicherheitsdienst die Datenbanken von Polizei, Telefonunternehmen, Zulassungsstellen und Geldhäusern anzapfte, wurde dem Satireblatt zufolge eine Gebühr von 80 Euro fällig.

Unabhängige Berater sollen Klarheit bringen

"Ikea France" hat am Donnerstag auf die Vorwürfe reagiert. "Wir nehmen die Anschuldigungen sehr ernst", heißt es in der auf "ikea.fr" veröffentlichten Stellungnahme. Der Respekt vor der Privatsphäre von Mitarbeitern und Kunden zähle zu den höchsten Werten des Unternehmens. Ikea will unabhängige Berater einschalten, um die Spitzelaffäre "umfassend" aufzuklären.