Pjöngjang. Nach dem Tod des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-il könnte sich die Situation der Menschen in dem Land verbessern. Der Schlüssel dafür liegt in Washington, meint unsere Kommentatorin Jutta Lietsch.

Seit 1994 hatte Kim Jong-il über die 23 Millionen Bürger seines Landes geherrscht. Es war eine furchtbare Regentschaft. Mitte der neunziger Jahre verhungerten Hunderttausende Menschen oder starben an Auszehrung.

Wer seinem Regime nicht folgte, dem drohte Arbeitslager und Sippenhaft. Die Welt schaute machtlos zu, wie ein quasi-religiöses Regime sein Volk von der Außenwelt abschottete.

Kim war unter seinen Untertanen trotz aller Propaganda nicht beliebt. Wenn am Montag Hunderte in ein kollektives Klagen und Schluchzen ausbrachen, war dies wohl weniger Trauer um den „Großen Führer“ als Sorge um die Zukunft.

Doch der Tod Kims könnte den Weg zu einem besseren Leben freimachen, nach dem sich viele Nordkoreaner nach Jahrzehnten des Mangels und der Kriegswirtschaft sehnen.

Sein Nachfolger, der knapp dreißigjährige dritte Sohn Kim Jong-un, der jetzt als „Großer Erbe“ und „Herausragender Führer von Partei, Armee und Volk“ gepriesen wird, dürfte vorerst nicht viel mehr als Gallionsfigur einer neuen Führungsmannschaft aus Partei und Armee werden. Auf rund 5000 Menschen schätzen Experten die Elite des Landes, die über das Schicksal ihrer Untertanen entscheidet. An der Spitze steht der Clan der Kims, der den Bürgern weismacht, göttliche Kräfte zu besitzen.

China schaut zu

Ewig kann dieses Schauspiel nicht weitergehen. Doch noch werden die Generäle und Parteisekretäre alles tun, um ihre Privilegien zu sichern. China, der mächtige Nachbar, schaut diesem Treiben zu und beschwört die Solidarität, die aus den alten Zeiten des gemeinsamen Kampfes im Koreakrieg 1950-1953 rührt.

In Wahrheit geht es allerdings um politische Stabilität und den Zugang zu billigen Rohstoffen, von denen Nordkorea zahlreiche besitzt. China will einen Bürgerkrieg verhindern.

Was können die anderen Mächte tun, um halbwegs menschliche Zustände in Nordkorea zu erreichen? Der Schlüssel liegt in Washington. Präsident Barack Obama muss versuchen, dem neuen Führer und den Männern und - wenigen - Frauen an der Spitze des Regimes, die ihn stützen, entgegenzukommen. Dazu gehören die diplomatische Anerkennung, die Aufnahme von Friedensverhandlungen, Handel, Lebensmittel- und Energiehilfen.

Hoffnung auf ein Ende des nordkoreanischen Atomprogramms allerdings gibt es derzeit kaum. Ihre Bomben werden Nordkoreas Generäle wohl auch mit Kim Jong-un nicht verschrotten. Sie halten die Atomwaffen für den Garanten ihres Überlebens, weil niemand es wagen wird, das Regime gewaltsam zu beseitigen.