Vor gerade zwei Wochen wurde in Kabul noch über die von den radikalislamischen Talibanmilizen angekündigte Sommeroffensive gelächelt. Viel Lärm mit wenig Substanz, hieß es selbstbewusst in westlichen Botschaften. Doch nun zeigen die Talibanmilizen ausgerechnet im Norden Afghanistans, dass man sie besser weiter ernst nimmt.
Die Taliban haben während der vergangenen Wochen aus ihren Koranschulen im pakistanischen Grenzgebiet frische, ausgeruhte Kämpfer nach Afghanistan geschickt. Denn sie sind wie Nato überzeugt, dass in diesem Sommer eine Vorentscheidung auf dem afghanischen Schlachtfeld fällt. Das Jahr 2014 mit dem nahezu sicheren Abzug westlicher Kampftruppen vor Augen, wird noch erbarmungsloser als in den vergangenen Jahren um die Kräftebalance für eventuelle Verhandlungen gekämpft.
So wichtig die Deutschen sich gerne nehmen, so wenig hat diese mit der Bundeswehr zu tun. Sie steckt vielmehr unverschuldet zwischen den Fronten eines blutigen und brutalen Macho-Ringen um die Hinterlassenschaft des NATO-Oberkommandierenden General David H Petraeus. Er wird im Herbst vom Hindukusch in das CIA-Hauptquartier nach Langley wechseln. Geht es nach den Talibanmilizen, die neuerdings nicht nur mit pakistanischer, sondern auch iranischer Hilfe agieren, wird der selbstbewusste General Afghanistan nicht mit der stolzgeschwellten Brust des Siegers verlassen.
(Willi Germund/WE)