Kreis Olpe. .

„Die Opfer wissen in der Regel nicht, mit wem sie es zu tun haben. Sie können es nicht zuordnen. Das macht den Opfern Angst und sorgt für Verunsicherung“, sagt Michael Klein.

Der Beamte vom Kommissariat Vorbeugung der Olper Polizei weiß, wovon er spricht. Seit 2005 befasst er sich mit dem Phänomen Cyber-Mobbing, dem Mobben mit Hilfe moderner Kommunikationsmittel.

Dabei werden die Opfer durch Bloßstellung im Internet, permanente Belästigung oder durch Verbreitung falscher Behauptungen gemobbt. Die Folgen sind immens: soziale Isolierung, Stress, psychische Probleme bis hin zum Suizid. Den Opfern wird das Leben häufig zur Hölle gemacht.

„Happy-Slapping“

Besagter anonymer Täter wird in der Fachsprache „Bully“ genannt. Weitere wesentliche Unterschiede zum „einfachen Mobbing“: Die Belästigung geschieht rund um die Uhr, das Publikum ist unüberschaubar groß und Inhalte verbreiten sich rasend schnell.

„In den Jahren 2007 und 2008 ging das im Kreis Olpe recht massiv los. Das war schon mehr als heftig. Über Schüler CC und Schüler VZ gab es Beleidigungen und üble Nachrede“, erinnert sich Michael Klein an die Anfänge. Dazu habe auch „Happy Slapping“ gehört: Jugendliche Angreifer laufen dabei auf ihr Opfer zu und schlagen urplötzlich zu.

Die verdutzte Reaktion wird üblicherweise von einem weiteren Beteiligten mit einer Handy- oder Videokamera gefilmt. Die Aufnahmen werden anschließend im Internet veröffentlicht oder per Mobiltelefon verbreitet. Mitunter werden Opfer auch bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt, anderweitig verletzt, sexuell genötigt oder vergewaltigt.

Es ist ein wahres Niedermachen über soziale Netzwerke. Klein berichtet von sogenannten „Klovideos“, bei denen das Handy zum Filmen unter der Tür hergeschoben wird. Es geht dann nur darum, möglichst peinliche Situationen im Netz zu verbreiten. Es gibt gefakte Seiten über andere, Bildmanipulationen oder anonyme Mails mit schlimmsten Inhalten. Auch werden anvertraute Dinge ohne Kenntnis über soziale Netzwerke verschickt.

„Das Netz ist für viele ein rechtsfreier Raum. Die Zurückverfolgung ist in der Regel nicht mehr möglich. Es gibt kaum Möglichkeiten, den Täter zu ermitteln. Wenn etwas einmal im Internet eingestellt ist, bleibt für die Opfer leider immer etwas zurück“, sagt der Polizeibeamte. Es gibt sogar eine Seite, die nur dazu da ist, andere Personen fertig zu machen. „Wird da einmal behauptet, dass jemand pädophil ist, lesen das eine Million Nutzer“, so Klein.

Es bleibt etwas zurück

Auch Lehrer seien immer wieder das Ziel von Cyber-Mobbing-Attacken: „Da werden heimlich Videos in peinlichen Situationen erstellt oder Seiten mit Inhalten gefakt.“ Deshalb sei in den meisten Schulen im Kreis Olpe auch im Jahr 2007 die Nutzung der Handys verboten worden.

Die Skrupellosigkeit kennt keine Grenzen. Vor etlichen Jahren gab es im Kreis Olpe folgenden Fall: Mehrere Schüler quälten nachts einen Zimmergenossen und nahmen dies mit einem Handy auf. Zunächst schmierten sie ihn mit Rasierschaum ein, später mit Sperma. Die Bilder stellten sie ins Netz.

„Das sind aber absolute Spitzen“, betont Michael Klein, den auch ein anderer Fall im vergangenen Jahr betroffen machte. Ein Mädchen hatte über eine Community Vertrauen zu einem vermeintlich anderen Mädchen aufgebaut. Irgendwann kam sie der Aufforderung nach, doch einmal ein Nacktfoto zu schicken. Nur kurze Zeit später meldeten sich mehrere Freunde und teilten dem Mädchen mit, dass sie gerade ein Nacktfoto von ihr erhalten hätten.

Täter im Verborgenen

„Die Erwachsenen zeigen den Kindern und Jugendlichen oft, wie es geht. Das geht über Wer-kennt-wen oder Facebook. Da gibt es asoziales Verhalten und Beschimpfungen. Es geht nur darum, den anderen hinten herum schlecht zu machen“, so Michael Klein. Cyber-Mobbing an sich ist keine Straftat, wohl aber die Begleitumstände, wie Beleidigung, Bedrohung, üble Nachrede oder Verleumdung.

Und immer bleibt der Täter bedrohlich im Verborgenen. „Wenn mir jemand ins Gesicht sagt, dass er mich umbringt, dann kann ich das beurteilen. Aber wenn jemand schreibt, dass er mir den Hals abschneidet, kann ich das nicht einschätzen“, bringt es Michael Klein auf den Punkt.