„Etwa zehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind im Laufe ihres Lebens von Diabetes Typ II betroffen“, sagt Dr. Regina Hood, Chefärztin im Homberger St. -Johannes-Stift. „Tendenz steigend.“
Damit ist Deutschland trauriger Spitzenreiter in Europa. Diabetes-Behandlung ist seit Hoods Amtsantritt Ende 2007 ein Schwerpunkt in der Inneren Klinik des Homberger Krankenhauses (siehe auch Artikel unten).
Man unterscheidet zwischen Diabetes Typ I, einer reinen Funktionsstörung der Bauchspeicheldrüse, die kein oder zu wenig Insulin ausschüttet, um den Blutzucker abzubauen, sowie dem früher als „Altersdiabetes“ bekannten Typ II. Hood: „Eigentlich sind das zwei verschiedene Krankheiten.“ Typ II wird zwar durch genetische Veranlagung begünstigt. Zum Ausbruch führt aber fast immer eine ungesunde Lebensweise.
Im Alter ist die Krankheit verbreiteter, doch: „Wir gehen inzwischen mit unseren Präventions-Teams auch regelmäßig in Schulen und Kindergärten. Und zwar“, so Hood, „nicht nur, um früh für einen Diabetes vermeidenden Lebensstil zu werben, sondern auch, weil gerade an Typ II immer mehr junge Menschen erkranken - sogar Kinder und Jugendliche.“ Die Erwachse-nendiabetologie in Homberg behandelt Patienten ab 16 Jahren, und laut Hood sind Kranke dieses Alters schon lange keine große Ausnahme mehr. Auch für Kinder-Diabetologie - die nächste Fachklinik dafür gibt es im Bethanien-Krankenhaus in Moers - ist der Bedarf traurig hoch.
Risikofaktoren
Risikofaktoren für diese Zivilisations- und Wohlstandskrankheit sind - neben der „genetischen Disposition“ - falsche Ernährung mit zu viel Fett und Kohlenhydraten, das Rauchen und vor allem Bewegungsmangel. Tückisch ist, dass die Krankheit über Jahre ohne spürbare Beschwerden vorliegen kann.
Hood: „Wir hatten etwa beim Moerser Stadtfest eine Test-Aktion - dabei wurde bei zehn Menschen, die sich überhaupt nicht krank fühlten, die Zuckerkrankheit erkannt. Zwei davon sind mittlerweile stationär bei uns in Behandlung.“ Erste Anzeichen können etwa Haarwurzelentzündungen sein. Bei zuckerkranken Männern tritt oft eine Nebenhodenentzündung auf. Trockene Haut und allgemein hohe Infektionsanfälligkeit sind weitere Warnzeichen. Sicherheit schafft ein Blutzucker-Test, den jeder Hausarzt durchführt.
Test-Aktion
Und wenn sich der Verdacht bestätigt? Dann liegt es - zusätzlich zur nötigen ärztlichen Behandlung - auch am Patienten, seinen Lebensstil zu ändern. Hood: „Diabetes ist keine Einbahnstraße. Viele Patienten schaffen es, die Folgen, die bis zu Schlaganfällen, Herzinfarkten oder Fußamputationen reichen können, zu lindern oder ganz zu vermeiden.“
Wichtig ist neben einer Ernährungsumstellung vor allem Bewegung. „Drei mal die Woche eine halbe Stunde bringt schon viel. Und es muss nicht Sport im klassischen Sinn sein - gerade Ältere haben da ja oft Berührungsängste.“ Lange Spaziergänge mit dem Partner oder dem Hund helfen auch. „Und viele, die es nicht so mit Sport haben, tanzen gerne - dann sollen sie tanzen. Aber regelmäßig und ausdauernd muss es sein.“