Essen. Das Dasein als Pet Shop Boys macht Neil Tennant (54) und Chris Lowe (49) auch nach einem Vierteljahrhundert noch viel Freude. 25 Jahre nach dem ersten Nummer-eins-Hit „West End Girls” veröffentlicht das Duo mit dem Album „Yes” eine enorm chartkompatible und poppige Platte. Ein Gespräch.
Euer neues Album heißt schlicht „Yes”. Ein positiveres Wort gibt es kaum...
Tennant: Schlau beobachtet. Es ist schließlich auch ein sehr lebensfrohes Album. Diese drei Buchstaben sind ja sowieso wie ein Brennglas. „Yes” ist eines der simpelsten Worte unserer Sprache, und doch kann es so unendlich viel bedeuten und aussagen. Und: „Yes, wir sind die Pet Shop Boys!” – falls das irgendjemand vergessen haben sollte.
Wie viel Politik steckt in „Yes”? Immerhin ist es nicht weit bis zum Barack-Obama-Schlachtruf „Yes, we can”.
Tennant: Das eine hat mit dem anderen allerdings nichts zu tun. Im Unterbewusstsein aber war Obama schon ein Thema. Wir haben den Song „More Than A Dream” im vergangenen Juni geschrieben, als er gerade seine ganzen Vorwahlen gewann und es immer deutlicher wurde, dass die Bush-Ära wirklich dem Ende zuging.
Neil, du hast dich einmal dazu bekannt, auf Wladimir Putin zu stehen. Wirst du auch bei Obama schwach?
Tennant: (lacht)
Lowe: Ich sehe schon die Schlagzeile: „Ich liebe die beiden mächtigsten Männer der Welt” (schallendes Gelächter).
Pet Shop Boys live:
24.6. Köln (Palladium, 20 Uhr).
Karten für 50 € gibt es in unseren TICKET-SHOPs unter 01805/280123 und www.DerWesten.de/tickets
Tennant: Gut, dass das mit Putin nichts geworden ist. Er hat sich zuletzt als Horrorpolitiker erwiesen. Und nein, ich bin auch nicht scharf auf Obama. Obwohl, lass mich überlegen – er hat schon was, oder?
Ist „Yes” als Album insgesamt weniger ironisch als man es von euch gewohnt ist?
Tennant: Ich würde uns nicht mehr als ironische Popgruppe bezeichnen. Wir sind manchmal augenzwinkernd, aber wir nehmen die Welt schon ernst. Wenn es einen roten Faden auf diesem Album gibt, dann ist das eben Pop.
Seit 25 Jahren gehört ihr zu den erfolgreichsten Popmusikern der Erde und trotzdem gebt ihr euch immer so wahnsinnig unglamourös. Ist das Masche?
Tennant: Ich kann auch anders. Aber ich schätze unglamouröse Szenarien, denen ich mich aussetze. So bekommt man die besten Ideen für seine Songs.
Du singst in „Beautiful People”:„Ich träume von einer perfekten Ausgabe meiner selbst”. Wie sähe die aus?
Tennant: Ich singe das Lied zwar aus der Sicht eines jungen Mädchens, aber ich will mich vor deiner Frage nicht drücken: Der perfekte Neil Tennant wäre dünner und hätte mehr Haare.
Aber ihr altert ungemein geschmackvoll!
Tennant: Danke schön. Man könnte es natürlich auch anders ausdrücken und fragen: „Ihr werdet immer fetter, könnt ihr nicht auch zwei Stunden Pilates am Tag machen?”. Wir versuchen, diese Aussehensfrage nicht zur Obsession werden zu lassen.
Lowe: In diesem Beruf ist es natürlich schwierig, der Druck ist enorm. Ständig wirst du fotografiert oder gefilmt, du wirst praktisch permanent mit deinem eigenen Bildnis konfrontiert. Aber der einzige Moment, in dem ich mich bewusst anschaue, ist beim Rasieren.
Ist es für Männer einfacher, lässig alt zu werden?
Lowe: Uns wird genauso ein Druck gemacht wie den Frauen. Ich bewundere unseren Ex-Gesundheitsminister Kenneth Clarke. Er ist ein dicker, fetter, Zigarre rauchender Wal, der seit einigen Jahren im Vorstand eines Tabakkonzerns sitzt. Herrliche Geschichte.
Wenn ihr euch selbst einen Preis verleihen könntet – wofür wäre der?
Tennant: Ich würde uns den „Überlebenspreis im Musikgeschäft” überreichen. Wir haben 25 Jahre geschafft, ohne uns zu prostituieren, und nur gemacht, was wir wollten.
Stimmt die Geschichte, dass ihr ein Ballett plant?
Tennant: Ja, hundertprozentig. Wir machen das für „Sadler's Wells”, ein renommiertes Balletthaus in London.
Tanzt ihr selbst mit?
Tennant: Insgeheim wäre ich gern dabei – aber jeden Abend tanzen? Kate Moss ist jedenfalls heiß darauf, mitzumachen. Auf einer Party kam sie zu mir und fing gleich an zu quatschen. Selbst monatelange Proben schreckten sie nicht ab. Am nächsten Morgen rief ich bei „Sadler's Wells” an und meinte: „Kate Moss will mitmachen”. Die Begeisterung dort war nicht übermäßig.
Für jemanden, der Glamour hasst, scheinst du auf Promi-Partys viel Spaß zu haben...
Tennant: Ich war immer schon ein Heuchler.