München. .

In vielen deutschen Betrieben werden offenbar die gesetzlichen Mindestlöhne unterlaufen. Dies berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. So seien in der Bauwirtschaft 2009 knapp 1500 Bußgeldverfahren eingeleitet worden, weil die Firmen zu niedrige Löhne gezahlt haben.

Nach einer ersten Bilanz der Bundesregierung, die das Arbeitsministerium nach einer Anfrage der Grünen zusammengestellt hat, wurden allein im Jahr 2009 in der Bauwirtschaft fast 1500 Bußgeldverfahren gegen Firmen wegen Verstößen gegen den Mindestlohn eingeleitet, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. In der Gebäudewirtschaft waren es etwa 200.

Dem Dokument zufolge sind inzwischen für mehr als zwei Millionen Arbeitnehmer Mindestlöhne vereinbart. Von ihnen sind allein 800.000 als Gebäudereiniger und knapp 700.000 in der Baubranche beschäftigt. Kontrollen gelten gerade in diesen beiden Wirtschaftszweigen als extrem zeit- und personalaufwendig. Für die Überwachung der korrekten Bezahlung und die Suche nach illegal Beschäftigten sind derzeit 6400 Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) des Zolls zuständig. Sie müssen bis zu 70.000 Baustellen im Bundesgebiet prüfen.

Zu wenig Kontrolleure

In Zukunft werde die FKS noch mehr Arbeit bekommen: Auch für die Pflegebranche mit ihren etwa 800.000 Arbeitnehmern treten vom 1. August an Mindestlöhne in Kraft, an die sich dann auch tariflich nicht gebundene Arbeitgeber halten müssen

Aus dem Schreiben des Ministeriums geht dem Zeitungsbericht zufolge hervor, dass es für die Kontrolleure in diesem Jahr lediglich 150 zusätzliche Planstellen geben wird. „Der Staat kann so seiner Schutzfunktion gegenüber den Beschäftigten nicht gerecht werden“, sagte die Arbeitsrechtsexpertin der Grünen, Beate Müller-Gemmeke. Ähnlich sieht es die Deutsche Zoll- und Finanzgewerkschaft BDZ: Die 150 zusätzlichen Stellen seien „bei weitem nicht genug“, kritisierte ein BDZ-Sprecher. Die Gewerkschaft hatte den zusätzlichen Personalbedarf auf 3500 Stellen hochgerechnet. Auch der Bundesrechnungshof hatte bereits effektivere Kontrollen angemahnt.

Von der Leyen will Mindestlohn für Leiharbeit

Unterdessen kündigte Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an, mit einem neuen Gesetz gegen den Missbrauch von Leiharbeit vorzugehen. Sie sagte „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“, mit einem branchenweiten Mindestlohn solle außerdem verhindert werden, dass im nächsten Jahr osteuropäische Zeitarbeitsunternehmen mit Dumpinglöhnen auf den Markt drängen. „Heute schon werben polnische Firmen sehr aktiv in Berlin mit Stundenlöhnen von drei bis vier Euro“, sagte die Ministerin. Ende April 2011 laufen die Übergangsfristen für die Begrenzung der Arbeitnehmerfreizügigkeit für Arbeitnehmer aus den osteuropäischen EU-Beitrittsländern aus.

Die neue Freizügigkeit berge nicht nur Chancen für die deutsche Wirtschaft, sondern auch Risiken für die Arbeitsplätze, warnte die Ministerin. „Wir wollen diese Dumpinglöhne nicht, und wir wollen nicht den Import dieser Tarifverträge, weil wir in Deutschland keine Lohnspirale nach unten in Gang setzen wollen“, sagte die CDU-Politikerin.(afp/ddp)