Arrecife. Vor 100 Jahren wurde César Manrique auf Lanzarote geboren. Die Insel feiert den Geburtstag des prominenten Künstlers mit vielen Events.

Die Meerwasserlagune in Lanzarotes Hauptstadt war lange eine stinkende Kloake. Doch dann kam César Manrique. Der international berühmte Künstler und Architekt ließ die Lagune säubern und verschönerte sie mit kleinen Brücken und einer palmengesäumten Promenade.

Manrique starb am 25. September 1992 bei einem Autounfall. "Ich war geschockt, als mich damals die Nachricht von seinem Tod erreichte", erzählt Esteban Armas. Seit 1978 hatte der Architekt praktisch an allen architektonischen Werken Manriques mitgewirkt. Beide waren Freunde und sogar entfernte Verwandte.

Lanzerotes größter internationaler Botschafter

"Lanzarote ist natürlich mehr als César Manrique. Aber ohne ihn ist unsere Insel nicht zu verstehen", sagt der Kulturverantwortliche Lanzarotes, Oscar Pérez. "Er war und ist immer noch unser größter internationaler Botschafter." Mit seinen architektonischen Werken und seinem Kampf für einen sanften, nachhaltigen Tourismus prägte er wie kein zweiter das Gesicht Lanzarotes.

Am 24. April wäre César Manrique 100 Jahre alt geworden. Mit Hunderten Kulturveranstaltungen feiert ihn seine Heimatinsel ein Jahr lang. Ihm werden Ausstellungen, Vorlesungen, Theatervorführungen, Konzerte und Dokumentarfilme gewidmet.

Lanzarote feiert César Manrique

Der spanische Maler, Bildhauer und Architekt César Manrique, aufgenommen im März 1981.
Der spanische Maler, Bildhauer und Architekt César Manrique, aufgenommen im März 1981. © dpa | Wolfgang Weihs
Letzte Ruhestätte des
Letzte Ruhestätte des "Inselheiligen": Manriques Grab in Haría. © dpa | Manuel Meyer
Internationales Museum für zeitgenössische Kunst auf Lanzarote - ebenfalls ein Werk Manriques. Foto. Manuel Meyer
Internationales Museum für zeitgenössische Kunst auf Lanzarote - ebenfalls ein Werk Manriques. Foto. Manuel Meyer © dpa | Manuel Meyer
Die Cesar-Manrique-Stiftung samt Museum bieten Einblicke in das Leben des großen Architekten.
Die Cesar-Manrique-Stiftung samt Museum bieten Einblicke in das Leben des großen Architekten. © dpa | Manuel Meyer
César Manrique verband Architektur und Natur.
César Manrique verband Architektur und Natur. © dpa | Manuel Meyer
Meerwasserlagune Charco de San Ginés in Arrecife - früher Kloake, doch dank Manrique heute eine Flaniermeile.
Meerwasserlagune Charco de San Ginés in Arrecife - früher Kloake, doch dank Manrique heute eine Flaniermeile. © dpa | Manuel Meyer
Die Stiftung Cesar Manrique und das Museum wurden in Lavablasen gebaut.
Die Stiftung Cesar Manrique und das Museum wurden in Lavablasen gebaut. © dpa | Manuel Meyer
Bettina Bork lebt seit 30 Jahren auf Lanzarote - sie kannte Manrique gut.
Bettina Bork lebt seit 30 Jahren auf Lanzarote - sie kannte Manrique gut. © dpa | Manuel Meyer
Wie ein Raumschiff, das soeben gelandet ist: César Manrique erbaute das Besucherzentrum auf dem Vulkan Islote de Hilario auf Lanzarote.
Wie ein Raumschiff, das soeben gelandet ist: César Manrique erbaute das Besucherzentrum auf dem Vulkan Islote de Hilario auf Lanzarote. © dpa | Andrea Warnecke
Der Lavatunnel Jameos del Agua ist eine beliebte Touristenattratkion - dank César Manrique.
Der Lavatunnel Jameos del Agua ist eine beliebte Touristenattratkion - dank César Manrique. © dpa | Manuel Meyer
Architekt Estaban Armas arbeitete lange Zeit mit César Manrique zusammen.
Architekt Estaban Armas arbeitete lange Zeit mit César Manrique zusammen. © dpa | Manuel Meyer
Der Aussichtspunkt Mirador del Río wurde ebenfalls von Manrique entworfen.
Der Aussichtspunkt Mirador del Río wurde ebenfalls von Manrique entworfen. © dpa | Manuel Meyer
Schaffensort des Künstlers: Manriques Atelier in Haría.
Schaffensort des Künstlers: Manriques Atelier in Haría. © dpa | Manuel Meyer
Grottenlandschaft Jameos del Agua - auch ein Restaurant befindet sich hier.
Grottenlandschaft Jameos del Agua - auch ein Restaurant befindet sich hier. © dpa | Manuel Meyer
Lanzarotes Kulturrat Oscar Pérez.
Lanzarotes Kulturrat Oscar Pérez. © dpa | Manuel Meyer
In Haría lebte César Manrique die letzten Jahre seines Lebens - bis zu einem tragischen Autounfall.
In Haría lebte César Manrique die letzten Jahre seines Lebens - bis zu einem tragischen Autounfall. © dpa | Manuel Meyer
Vulkaninsel im Atlantik: Lanzarote ist ein weitgehend rauhes Eiland, das zu den Kanaren gehört.
Vulkaninsel im Atlantik: Lanzarote ist ein weitgehend rauhes Eiland, das zu den Kanaren gehört. © dpa | dpa-infografik
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Ein Gespür für Verwandlungspotential

Als Manrique nach seinem Kunststudium in Madrid und einem USA-Abenteuer 1968 aus New York nach Lanzarote zurückkehrte, holte er seine Heimatinsel aus dem Dornröschenschlaf. Das karge Lanzarote galt damals als das hässliche Entlein unter den Kanarischen Inseln.

"Wir waren eine arme Insel, ohne Tourismus, und lebten von der Landwirtschaft und Fischerei. Wer konnte, zog nach Gran Canaria oder Teneriffa, wo bereits der Tourismusboom losging", erinnert sich Armas. "Doch wo wir nur trostlose Ödnis sahen, sah César Schönheit. Er änderte unseren Blick auf die Insel, machte die Bewohner stolz auf ihre Insel. Und er hatte eine unglaubliche Vorstellungskraft, spürte an den Orten sofort ihr Verwandlungspotential."

Beliebte Besucherattraktionen der Insel

Ein Beispiel ist der Lavatunnel Jameos del Agua. Mit seinem Salzsee, der subtropischen Pflanzenwelt und der Konzerthöhle gehört er heute zu den beliebtesten Besucherattraktionen der Insel. "Damals war es ein Loch, in welches die Leute illegal ihren Müll warfen. Aber César sah sofort das Zauberhafte an diesem Ort", sagt Armas.

Auf der kanarischen Insel Lanzarote verwandelte César Manrique einen Steinbruch in einen Kaktusgarten.
Auf der kanarischen Insel Lanzarote verwandelte César Manrique einen Steinbruch in einen Kaktusgarten. © dpa | Unbekannt

Manrique sah in Lanzarote ein Juwel. Nach seiner Rückkehr versprach er den Bewohnern: "Ich werde unsere Insel zum schönsten Ort der Welt machen." So entstanden bezaubernde, nahezu bizarre Orte wie der Jardín de Cactus, ein stillgelegter Steinbruch, den Manrique in einen kunstvoll angelegten Kakteengarten verwandelte.

Attraktion für Tagesausflüge

Heute bestaunen Touristen die Skulpturen und Windspiele Manriques wie das Monumento al Campesino. Oder sie pilgern zum dramatisch in die Felsklippen geschlagenen Aussichtspunkt Mirador del Río mit seinen Panoramablicken auf die vorgelagerte Insel La Graciosa. In der Militärfestung von San José in Arrecife schuf Manrique 1975 das Internationale Museum für zeitgenössische Kunst MIAC.

Die architektonischen Werke Manriques lockten mit der Zeit immer mehr Urlauber an, die von Teneriffa oder Gran Canaria aus Tagesausflügen nach Lanzarote unternahmen. Erste Hotels entstanden.

Kampf gegen den Massentourismus

Die Tourismusbranche witterte das große Geld - und César Manrique die Gefahr. Dabei war er es, der die Urlaubsmaschinerie erst richtig in Gang gebracht hatte. Aber er wollte verhindern, dass Lanzarote die Fehler der Nachbarinseln beging.

Manrique wurde in den 1980er Jahren beauftragt, in Costa Teguise ökologisch vorbildliche Hotels und Ferienanlagen zu bauen. Doch bald setzte die Tourismusindustrie auf Quantität statt Qualität. Manrique ging auf die Barrikaden, organisierte Proteste und nutzte seine Bekanntheit als Künstler, um in internationalen Medien zu schimpfen - gegen "raffgierige Spekulanten und kurzsichtige Politiker, die dabei sind, die Insel zu zerstören".

Kampf gegen Bettenburgen

In seinem Jugendfreund Pepín Ramírez Cerdá, dem Inselpräsidenten, hatte Manrique einen mächtigen Verbündeten. Mit Cerdás Hilfe setzte er durch, dass Neubauten nicht höher sein durften als ausgewachsene Palmen. Dank seines Einsatzes wurde Lanzarote kurz nach seinem Tod 1993 von der Unesco zum Biosphärenreservat ernannt. So konnten größere Bau- und Umweltsünden weitgehend verhindert werden.

Leerstand von Immobilien in Playa Blanca, Lanzarote.
Leerstand von Immobilien in Playa Blanca, Lanzarote. © imago/Gerhard Leber | imago stock&people

Mit seinem Kampf gegen Bettenburgen, Partymeilen und Hochhäuser machte sich Manrique viele Feinde. Einige Politiker wollten den berühmtesten Sohn der Insel gar zur unerwünschten Person erklären, erinnert sich Bettina Bork, eine deutsche Architektin aus Krefeld, die seit mehr als 30 Jahren auf Lanzarote lebt.

Forführung des Erbes Manriques

"César war ein liebevoller, sensibler Mensch. Doch wenn es darum ging, seine Insel zu verteidigen, konnte er auch sehr aufbrausend werden, eine richtige Nervensäge sein", sagt Bork, die mit Manrique befreundet war. In Haría unterhält sie ganz in der Nähe von Manriques ehemaligen Wohnhaus ihr Zentrum Arte de Obra. Es handelt sich um eine Mischung aus Kulturtreff und Pension. Mit ihrer Haría Society führt Bock den Kampf des Künstlers für einen sanften Tourismus fort.

Eine ökologische Vorzeige-Ferieninsel ist Lanzarote nicht. Auch wenn sich die Inselregierung nach dem Tod des Künstlers verpflichtete, den Weg Manriques weiterzugehen. Zwar feiern 2019 alle César Manrique als "Inselheiligen". Doch Stiftung und Inselregierung huldigen dem Künstler getrennt mit eigenen Jubiläumsprogrammen.