Karlsruhe. Dürfen Nachbarn ein Wörtchen mitreden, wenn Leute ihre Wohnung mit Airbnb & Co. vermieten? Das muss der Bundesgerichtshof bald klären.
Ein Streit unter Wohnungseigentümern im Emsland wegen der Vermietung an Feriengäste stellt den Bundesgerichtshof (BGH) vor eine grundsätzliche Frage. Die Richter haben zu klären, wann die übrigen Eigentümer gegen den Willen des Betroffenen etwas zu seinem Nachteil beschließen dürfen und wann das zu weit geht, wie sich in der Verhandlung in Karlsruhe am Freitag abzeichnete. Sein Urteil will der Senat am 12. April verkünden. (Az. V ZR 112/18)
In Papenburg will eine Frau ihre Wohnung als Ferienwohnung nutzen. Die Eigentümer der übrigen sieben Wohnungen sind dagegen, sie fühlen sich durch die Wechsel im Haus gestört. Solange es keine andere Vereinbarung gibt, ist Kurzzeit-Vermietung nach einem BGH-Urteil von 2010 grundsätzlich zulässig. Im aktuellen Fall stand die Erlaubnis sogar ausdrücklich in der Teilungserklärung, die die Grundsätze des Miteinanders in einer Eigentümergemeinschaft regelt. Aber die Ferienwohnungsgegner änderten dies 2017 über den Kopf der Betroffenen hinweg in der Eigentümerversammlung mit Dreiviertelmehrheit.
Mieter müssen sich einig sein
Eigentlich kann die Teilungserklärung nur durch alle gemeinsam geändert werden. «Aber dazu kommt es natürlich nur, wenn sich alle einig sind», sagte die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann. Neuere Teilungserklärungen enthalten deshalb oft Öffnungsklauseln, die Änderungen auch schon mit einer bestimmten Mehrheit erlauben. Wo die Individualrechte einzelner Eigentümer berührt sind, kann es nach der Rechtsprechung des Senats aber Grenzen geben. Als fiktives Beispiel nannte Stresemann einen Mann, der im Erdgeschoss einer Wohnanlage eine Gaststätte betreibt. Das könnten ihm die anderen Eigentümer nicht auf einmal mit Mehrheitsbeschluss verbieten.
Der BGH-Anwalt der Ferienwohnungsgegner, Christian Rohnke, forderte den Senat auf, seine Linie angesichts aktueller Entwicklungen zu hinterfragen. Durch Unterkunftsvermittler im Internet wie Airbnb sei ein gigantischer Markt für kurzzeitige Privatvermietungen entstanden. Das Interesse der anderen Eigentümer, so eine Nutzung zu verbieten, müsse bei der Abwägung ebenfalls eine Rolle spielen, sagte er.
Zweckentfremdungsverbote
Für die Klägerin brachte BGH-Anwalt Siegfried Mennemeyer vor, dass sie die Wohnung gerade gekauft habe, um sie kurzzeitig zu vermieten. Sollte es überhaupt zu Problemen kommen, könnten sich die Nachbarn zur Wehr setzen. Bei konkreten Störungen kann der verantwortliche Wohnungseigentümer auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Mieter haben die Möglichkeit, eine Mietminderung durchzusetzen.
Unabhängig davon gelten inzwischen in etlichen Kommunen mit Wohnungsnot sogenannte Zweckentfremdungsverbote. So soll verhindert werden, dass Kurzzeit-Vermietungen überhandnehmen. Wer etwa in Berlin an Feriengäste vermieten will, braucht dafür eine Genehmigung. (dpa)