Hattingen. In der Innenstadt wird die vielfältige Tonkunst unterschiedlich empfunden. Genehmigungen brauchen die Musiker nicht. Verstärker sind verboten.

Sommer, Sonne – und Straßenmusik: Das gehört auch in Hattingen einfach zusammen. Wenn sich bei gutem Wetter die Leute wieder in die Innenstadt trauen, begleiten Klassiker wie Piazzollas Libertango, Mozarts Türkischer Marsch oder Schostakowitschs Walzer Nummer zwei den Einkaufsbummel. Das Repertoire ist allerdings bei einigen Musikern nicht besonders abwechslungsreich.

Besonders häufig treffen Passanten an der Langenberger Straße auf Straßenmusiker. Sie ist offensichtlich sehr beliebt – vermutlich, weil sie als Verbindung von Busbahnhof und Carré zur Innenstadt von besonders vielen Menschen genutzt wird. Eine Genehmigung brauchen die Musiker im Gegensatz zu anderen Städten in Hattingen nicht – weil die Innenstadt hier nicht so stark frequentiert ist. Ein paar Regeln gelten trotzdem: So erlaubt die Stadt zum Beispiel keine Verstärker.

Gestört fühlen sich die Hattinger von der Musik in der Innenstadt kaum – eher im Gegenteil. „Ich mag Straßenmusik“, sagt die 15-jährige Jessica. Besonders für Leute, die ein Instrument spielten, aber keine Chance hätten, ihre Musik woanders zu präsentieren, sei die Straße eine tolle Option. Auch Kornelia Dausend (53) findet Straßenmusik in Hattingen gut. Das gehöre irgendwie dazu, wenn man durch die Stadt läuft. „Ich gebe auch gerne Geld, wenn mir etwas gut gefällt.“ Für ihre Großnichten sei Straßenmusik ebenfalls etwas Besonderes. „Die bleiben dann stehen und tanzen dazu“, sagt die 53-Jährige. Ein bis zwei Musiker in der Innenstadt verteilt reichten allerdings, mehr sollten es nicht sein.

Ortswechsel alle halbe Stunde

Solange Straßenmusiker nicht völlig falsch spielen oder singen, freuen sich die meisten Passanten über die Klänge. Ab und zu gibt es zwar Beschwerden bei der Stadt, die Anzahl sei in den vergangenen Jahren aber nicht gestiegen, sagt Pressesprecherin Julia Wagner. In solchen Fällen greift die Stadt ein: „Es werden dann Platzverweise ausgesprochen.“

Für die Menschen, die in der Innenstadt arbeiten, ist die dauerhafte Beschallung eher belastend. „Irgendwann ist es einfach nervig“, sagt Sandra Schindler, Mitarbeiterin in der Blumengalerie Tiggemann. Oft bleibe es ja nicht bei einem Musiker, es spielten mehrere an einem Tag. Nachmittags ist mal eine Sängerin da, die Sandra Schindler wirklich toll findet. Andere Straßenmusiker hingegen seien anstrengend. Dabei will die Stadt genau das verhindern und schreibt den Musikern einen Ortswechsel von mindestens 100 Metern vor: „Das muss alle halbe Stunde passieren“, erklärt Wagner.

Es gibt auch Aggressivität

In der Realität klappt das nicht ganz so gut. „Ich habe das Gefühl, dass einige Musiker hier auch mal zwei Stunden spielen, wenn sie gut verdienen“, sagt Schindler. Einige würden sogar richtig aggressiv, wenn man sie darauf anspreche.

Wenn jeder nur eine halbe Stunde an einem Ort spielen würde, wäre das für Sandra Schindler kein Problem. Die Freude an Straßenmusik lasse sie sich aber nicht verderben. Und: „Als Fußgängerin ist das für mich sowieso etwas ganz anderes.“