Mülheim. . Unsere Stadt versinkt zusehends in unzähmbarem Chaos. Ohne Rücksicht auf das Ansehen der Stadt geht es zur Sache. Nur fehlt es an Aufklärung.
Die OB-Affäre: Unsere Stadt versinkt zusehends in unzähmbarem Chaos.
Die Vorgänge rund ums Rathaus taugen zum Paradestück dafür, wie ohnehin angekratztes Vertrauen in die deutsche Parteiendemokratie vollends aufs Spiel gesetzt werden kann. Erst setzen Dezernenten und SPD-Fraktionsspitze sich mit ihrer zunächst geheim gehaltenen Rücktrittsforderung gegenüber Scholten einfach mal darüber hinweg, dass ein Oberbürgermeister nach geltendem Recht immer noch direkt vom Volk zu wählen ist. Dann bläst der angeschlagene OB zur Gegenattacke – und nimmt dabei offensichtlich nur noch Rücksicht auf seine eigene Person. Völlig ignoriert er, dass er als höchster Amtsträger dieser Stadt viel mehr repräsentiert als nur den Ulrich Scholten. Mit dem Auftreten eines OB verknüpft ist das Ansehen der Stadt, das Bauen der Demokratie auf moralisch und ethisch einwandfreies Handeln.
Scholten hat sein Wort gebrochen, um sich – zugegebenermaßen in schier aussichtsloser Situation – ein Stück weit aus der Schusslinie zu bewegen. Er hat mit seinem Wortbruch im Verwaltungsvorstand nicht nur seine Widersacher Frank Mendack und Ulrich Ernst düpiert, auch Stadtdirektor Frank Steinfort, dem er selbst die Rolle des Moderators zwischen den Fronten zugewiesen hatte. Scholten hat Verabredungen mit den Ratsfraktionen gebrochen, auch mit seiner Partei. Und dann lässt er noch, um sich selbst ins bessere Licht zu stellen, vage Korruptions-Andeutungen gegen Alt-Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld streuen. Eine Kamikaze-Taktik ohne Rücksicht auf Verluste.
Dabei sollte es ohne unzumutbaren Aufwand für Scholten möglich sein, das zu tun, was von ihm zuvorderst zu verlangen ist: Er sollte schnellstens offenlegen, wen er zu welchem Anlass bewirtet hat. Der OB hat Transparenz versprochen, er tut sich damit aber offensichtlich schwer. Auf Datenschutzrechte seiner Bewirtungsgäste zu verweisen, erinnert an Helmut Kohl einst in der CDU-Spendenaffäre. Kohl meinte auch, Personen vor der Öffentlichkeit schützen zu müssen.
Wer schützt eigentlich das Ansehen unserer Stadt? Unserer Demokratie, die von Politikern lebt, die nicht zuvorderst auf das Wohl und Wehe ihrer eigenen Person schielen, sondern auf das Gedeihen von Staat und Gesellschaft? Mit der schmutzigen OB-Affäre bereitet Mülheim gerade den Nährboden für Entwicklungen, die Stadt und Staat nicht zu wünschen sind.