Essen. Mit dem neuen Polizeigesetz wäre ein Unterbindungsgewahrsam von bis zu einem Monat möglich. Derzeit sind maximal 48 Stunden erlaubt.

Was ist laut Gesetzentwurf geplant?

Zur Abwehr einer „drohenden Gefahr“ würde das neue Polizeigesetz eine Ingewahrsamnahme von bis zu einem Monat ermöglichen (Paragraf §35). Derzeit sind maximal 48 Stunden Unterbindungsgewahrsam erlaubt. Sieben Tage hinter Gitter wären künftig theoretisch schon möglich, wenn jemand hartnäckig die Feststellung seiner Identität verweigert oder als gewaltbereiter Hooligan vor bestimmten Fußballspielen weggesperrt werden soll.

Bei Fällen von häuslicher Gewalt wären zehn Tage Unterbindungsgewahrsam möglich. Die Höchstdauer von vier Wochen dürfte jedoch nur bei akuter terroristischer Gefahr verhängt werden. Wichtig: Jede Ingewahrsamnahme muss von einem Richter abgesegnet werden.

Pro: Was spricht dafür?

Es gibt terroristische Gefährder, Gewalttäter und Extremisten, bei denen die üblichen Überwachungsmaßnahmen und Aufenthaltsanordnungen an Grenzen stoßen. Bislang war die Polizei machtlos, obwohl sie deutliche Hinweise auf einen – zwar zeitlich und örtlich noch nicht genau zu bestimmenden - Anschlag oder Übergriff hatte. Damit soll nun Schluss sein.

Auch bei nicht akuten Gefahrenlagen können Personen weggesperrt werden, wenn ein Richter von der Verhältnismäßigkeit überzeugt ist. Ohne Verurteilung oder Anklage ist dies gewiss ein erheblicher Eingriff. Doch Terrorexperten wie Peter Neumann vom Londoner King‘s College sind sicher: Bislang waren in NRW nur 48 Stunden Gewahrsam möglich – für die Ermittler oft eine viel zu knappe Zeitspanne, um den Verdacht eines Anschlags so zu unterfüttern, dass ein geschnappter Verdächtiger in reguläre Untersuchungshaft genommen werden kann.

Contra: Was spricht dagegen?

Der in NRW geplante Unterbindungsgewahrsam von maximal vier Wochen bleibt zwar deutlich unter dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz, das Gefährder im Zweifel sogar drei Monate wegsperren will. Dennoch sehen Kritiker einen gefährlichen Paradigmenwechsel. „Man sperrt jemanden ein, der noch nichts getan hat. Es handelt sich ja um eine Gefahrenprognose, ohne dass es echte Erkenntnisse gibt“, kritisiert etwa die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger (FDP).

Vier Wochen Präventiv-Haft sind ein erheblicher Eingriff in die bürgerlichen Freiheitsrechte, auch wenn das Bundesverfassungsgericht für solche Maßnahmen keine zeitliche Höchstgrenze definiert hat. Da aber der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz streng angewendet werden muss, könnte es sein, dass die Polizei nach spätestens zwei Wochen die Ingewahrsamnahme neu begründen muss. Das lässt Reul zurzeit prüfen.

Zu klären ist auch noch, wo der Unterbindungsgewahrsam abgesessen werden soll. Da die Arrestzellen der Polizeiwachen für einen dauerhaften Aufenthalt nicht geeignet sind, kommt eigentlich nur eine Art Untersuchungshaft in einer normalen Justizvollzugsanstalt in Frage.