Hattingen. . Beeindruckendes Wechselbad der Gefühle in St. Georg: Zeitgenössissche Passionsmusik mit dem Niehusmann-Gitarrenduo und Rezitator Hubert Röser.

Dass auch im kleinen musikalischen Rahmen eine zeitgemäße Beschäftigung mit der Leidensgeschichte Jesu Christi möglich ist, bewies das gut besuchte Passionskonzert in der St.-Georgs-Kirche. Die musikalischen Betrachtungen für zwei Gitarren nach dem Johannes-Evangelium wurden eindrucksvoll von dem Niehusmann-Gitarrenduo und Rezitator Hubert Röser gestaltet.

Wo Jesus zweifelt und klagt, wo das Volk in Sensationslust pöbelt und die Verantwortlichen nur an Machterhalt und Vorschriften denken – kann man in dieser schwankenden Stimmung harmonische Klänge erwarten?

Brüche, Dissonanzen und harmonische Klänge

Mitnichten! Und das spiegelt die Komposition von Volker Niehusmann von Anfang an wider. Es gibt Brüche, Dissonanzen und kaum klare tonale Bezüge. Bedrohlich und geradezu verstörend fliegen die Tonfolgen und Akkorde durcheinander, deuten die Verzweiflung, die Ausweglosigkeit und Einsamkeit Jesu an. Phrasenfetzen und monotones Stampfen erinnern an skandierte dumpfe Parolen. Dazwischen erklingen immer wieder anmutige, harmonische Klänge, die von Freundschaft und Zuwendung sprechen, auf Gerechtigkeit und Erlösung hoffen lassen. Sie wechseln sich mit rasanten Läufen ab, die auf die erregte, tumultuarische Abfolge der Ereignisse aufmerksam machen.

Während der Passion verliert die Musik vollständig ihre Sprache. Scratchen und Rutschen auf den Gitarrensaiten verursachen ein horrendes Kreischen und schmerzhaftes Heulen, das die Zuhörer erahnen lässt, welcher Willkür, Gewalt und Brutalität der Heiland ausgesetzt ist. Im Moment der Vollendung wird andeutungsweise eine mittelalterliche Motette hörbar, die im Einklang endet: beide Gitarren spielen den gleichen einzelnen Ton.

Hervorragende Interpretationen

Volker und Judith Niehusmann sind hervorragende Interpreten der klassischen Gitarre. Dem steht Sprecher Hubert Röser in nichts nach. Kraftvoll und energisch, zaudernd und zögernd, hingebungsvoll und opferbereit durchlebt der Rezitator die letzten Stunden Jesu Christi. Ein tief gehendes, imposantes Passionskonzert – auch ohne große Orchesterbesetzung.