hattingen. . Für den ersten „Plattdütschen Namiddag“ im DRK-Heim nehmen sich mehr Interessenten als erwartet Zeit. Drei Heimatvereine arbeiten zusammen.
Gudrun Graf nimmt am Samstag beim „Plattdütschen Namiddag“ des Heimatvereins Hattingen/Ruhr im Café im DRK-Heim den Liedzettel beherzt in die Hand und schmettert gutgelaunt mit den vielen Besuchern die erste Strophe des Liedes „Känn’ Tied“ (Keine Zeit): „Dä niggeste Krankheit dä es us bekannt: Känn’ Tied!“
Hans-Gert Burggräfe vom Heimat- und Geschichtsverein der Stadt Sprockhövel stimmt mit der Gitarre die Melodie an: „Es klappert die Mühle“. Doch die Version in Hochdeutsch interessiert diesmal niemanden. In Plattdeutsch singen alle augenzwinkernd weiter, von der „Tied“, die fehlt – gerade den Senioren, die so viel mehr zu tun hätten als so manch anderer.
Gelungene Kooperation
Die Runde lacht. „Einiges verstehe ich zwar nicht, das muss mir meine Bekannte übersetzen, aber es macht mir viel Spaß“, bemerkt Gudrun Graf. „Ich finde das sehr interessant. Gut, dass es endlich in Hattingen veranstaltet wird“, schiebt sie vergnügt hinterher.
Lars Friedrich, Heimatvereins-Vorsitzender, schaute mehr als erstaunt in die Runde. Über 30 Interessierte sind gekommen, der Platz im Café wurde knapp. „Mit dieser Resonanz habe ich nicht gerechnet“, verkündete er sichtlich erfreut. Er selbst, gestand er, habe dem Format im Vorfeld kaum Chancen eingeräumt. Darum sei es gut, dass Ideengeber Jürgen Ruttmann so beharrlich auf die Einführung des Nachmittags bestanden habe – eine gelungene Kooperation dreier Heimatvereine.
Zwerg Hutzebutz und Jungfrau Krüsemann
Denn das Programm des Nachmittags bestimmten Hans-Gert Burggräfe vom Heimat- und Geschichtsverein Sprockhövel sowie Wilhelm Hensing vom Stiepeler Verein für Heimatforschung mit Dönekes, längeren Texten und Liedern. Da musste der Staatsanwalt vor Gericht zum Dolmetscher werden und Heinrich Süsewind, des Hochdeutschen nicht mächtig, auf Platt fragen, ob er der Vater des Kindes der „Jungfrau Krüsemann“ sei. Rotkäppchens Wolf war nur partiell ein „Schlaukopp“, Zwerg Hutzebutz machte die Region unsicher.
Auf die Idee, auch in Hattingen Menschen die Möglichkeit zu geben, gemeinsam Plattdeutsch zu reden, zu singen sowie Dönekes und Geschichten zu lauschen, kam Jürgen Ruttmann, als er in Bochum-Stiepel einen der auf Plattdeutsch gestalteten Gottesdienste besuchte. Die gehen mit einem Laienspiel des Stiepeler Vereins für Heimatforschung einher. Ruttmann kam mit Wilhelm Hensing ins Gespräch. „Wir wollten das nicht alleine machen und haben den Heimatverein Sprockhövel und den Verein aus Stiepel mit ins Boot geholt.“
Ein Gast aus Gevelsberg trug zwei launige Texte auf Gevelsberger Platt vor. Die Sprockhöveler, Stiepeler und Gevelsberger witzelten ob der Unterschiede ihrer Sprachen. „Ich finde das hier sehr schön“, sagte Heidemarie Kögler. „Meine Eltern haben untereinander auf Platt geredet, mit uns Kindern aber Hochdeutsch, damit wir in der Schule einwandfreies Deutsch sprechen.“