Seit Anfang 2017 das zweite Pflegestärkungsgesetz in Kraft trat, stehen gerade Demenzerkrankte besser da. Experten ziehen Bilanz.

Vor allem Demenzerkrankte stehen viel besser da, seit mit dem zweiten Pflegestärkungsgesetz Anfang 2017 die Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade erfolgt ist. Sowohl Medizinischer Dienst, als auch Altenheime und Pflegedienste sagen übereinstimmend: Das war ein notwendiger und richtiger Schritt. Eine Bilanz.

„Wir können jetzt zu Hause viel besser helfen“, sagt etwa Aneca Kozera vom Pflegedienst Glücksklee. Hilfreich sei vor allem, dass die Minutenzählerei aufgehört habe. „Man wird den Menschen viel gerechter.“

Olaf Plotke vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Westfalen Lippe (MDK) erklärt die Veränderungen: „Im Mittelpunkt steht nicht mehr der Hilfebedarf in Minuten, sondern der zentrale Maßstab beim Begutachtungsverfahren ist der Grad der Selbstständigkeit.“ Die Umstellung von der Pflegestufe zum Pflegegrad sei auch für den MDK eine Herausforderung gewesen, weil eine riesige Zahl an Begutachtungen zu bewältigen war. Das sei aber durch die Einstellung von mehr Personal gemeistert worden.

Entlastungsleistung wird genutzt

Durch das neue Gesetz gebe es deutlich mehr Anfragen von Demenzkranken, sagt Detlef Schwerte, Geschäftsführer des gleichnamigen Pflegedienstes. „Hilfe wird jetzt sehr häufig in Anspruch genommen, durch die Kranken selbst, aber durch Angehörige.“

„Vor allem im Pflegegrad 1 nehmen Demenzkranke oft die so genannte Entlastungsleistung in Anspruch. Auf ganz unterschiedliche Art“, erklärt Dorothe Zehnmeier, Inhaberin vom Pflegedienst Maxi. „Die 25 Euro pro Stunde werden für Nettes, Nützliches, Notwendiges in Anspruch genommen.“

Da gibt es das Bedürfnis, beim Grabbesuch begleitet zu werden, ein anderer hat den Wunsch nach einem Besuch zum Kindheitsort, wieder andere freuen sich über Hilfe beim Spülen. „Wir versuchen, die Hilfebedürftigen in die Arbeiten mit einzubeziehen, damit ein Gemeinschaftsgefühl entsteht“, erklärt Dorothe Zehnmeier. Hilfen dieser Art waren bei der Einteilung in Pflegestufen nicht möglich.

„Dass ambulant vor stationär geht, war ja vom Gesetzgeber gewollt“, erklärt Ursula Champignon, Leiterin des Awo-Seniorenheims Emmy Kruppke in Welper. „Das hat aber auch zur Folge, dass die Menschen deutlich später zu uns kommen als früher und in einem anderen Zustand. Unsere Klienten sind älter und wir können keine Ausflüge in Museen oder Ausstellungen mehr machen, so wie wir das noch vor Jahren praktiziert haben“, sagt sie. Diese Entwicklung habe zudem gravierende Auswirkungen auf die Pflege selbst – und auf das Pflegepersonal.