Gevelsberg. . Fachbereichsleiter Michael Pfleging wagt einen Blick in die Zukunft. Hohe Zahlen, aber kein Vergleich mit dem Höhepunkt der Welle.
- Zahlen sind noch immer eine große Herausforderung
- Hochrechnungen wie ein Blick in eine Glaskugel
- 103 Menschen gehören noch zum Kontingent für das zu Ende gehende Jahr
Man lässt die Wahrsager schon gern mal in ihre Glaskugeln blicken um herauszufinden, was ein neues Jahr so alles mit sich bringen wird. Wenn Michael Pfleging, für die Flüchtlingsfragen zuständiger Fachbereichsleiter der Gevelsberger Stadtverwaltung, darüber spricht, wie viele Menschen die Kommune im Jahr 2017 aufnehmen muss, dann haben seine Zahlen eine solidere Basis. Ein wenig Wahrsagerei ist aber sicherlich mit dabei. Pfleging rechnet mit 250 Flüchtlingen, die im bevorstehenden Jahr eine neue Heimat in Gevelsberg suchen wollen oder müssen.
Gegen die Ghettobildung
„Wir wissen alle nicht, wie sich die Welt entwickeln wird“, sagt Pfleging, der gezwungen wird, im Gevelsberger Rathaus über die große Weltpolitik zu philosophieren. „Stehen die Kämpfe in Syrien vor einem Ende oder nicht?“, fragt er sich. Und wenn es in dem zerstörten Land eine Partei geben wird, die sich für den Sieger hält: „Wie wird sich das auf die Zahl der Menschen auswirken, die in Europa ein sicheres Zuhause suchen?“ Und: Nachdem aus der Türkei immer mehr Menschen in Deutschland Asyl beantragen: „Kommt da eine neue Entwicklung auf uns zu?“
Und auch die Änderungen der deutschen Flüchtlings-Gesetze und -Bestimmungen haben Auswirkungen bis an die Ennepe. Flüchtlinge, die bereits vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge als solche anerkannt wurden, hatten bis zum Herbst die Möglichkeit, ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik frei zu wählen. Das hat sich nach der Verabschiedung der Ausländer-Wohnsitzregelungsverordnung durch die rot-grüne Landesregierung nun grundsätzlich geändert. Die Menschen werden Kommunen zugewiesen, um der Bildung von Ghettos in einzelnen Städten vorzubeugen.
Vor Weihnachten, so eine Mitteilung Pflegings in der letzten Ratssitzung des Jahres, habe die Bezirksregierung Arnsberg der Stadt Gevelsberg geschrieben, dass Anfang des Jahres 64 Flüchtlinge mit der Anerkennung in der Tasche nach Gevelsberg kommen werden. Draufgerechnet werden 39 Flüchtlinge, die noch im Anerkennungsverfahren sind und die Gevelsberg aufnehmen muss, um das Kontingent für das Jahr 2016 nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz zu erfüllen. Macht insgesamt eine Zahl von 103 Flüchtlingen.
Wieviel Menschen im Jahr 2017 in Deutschland nach Sicherheit für ihr Leben suchen werden, kann Michael Pfleging nur hochrechnen. Seit neun Monaten, so der Fachbereichsleiter, sei die Zahl der Flüchtlinge, die nach NRW kommen, nahezu konstant. Sie liegt bei 1300 Frauen, Männern und Kindern pro Woche. Sollte die Entwicklung sich fortsetzen, rechnet Pfleging mit einer Zuweisung von 130 Flüchtlingen im kommenden Jahr. Die Zahlen sind sicherlich kein Vergleich zu den Menschenmassen, denen Pfleging und seine Mitarbeiter auf dem Höhepunkt der Flüchtlingswelle geholfen haben, in Gevelsberg Fuß zu fassen. Die Zahl ist aber trotzdem noch sehr hoch. Auch für diese Menschen muss erst einmal ein Dach über den Kopf gefunden werden, die Integration eingeleitet werden.
Dokumentation geplant
Pfleging erinnert aber auch daran, dass es nicht die erste Flüchtlingswelle ist, die Gevelsberg erreicht hat. Aus Vietnam, dem Balkan und auch den jetzigen neuen Bundesländern kamen die Menschen in die Stadt, um hier eine neue Heimat zu finden. Immer wieder habe man daraus gelernt. „Wenn alles vorbei ist, sollten wir an eine Dokumentation denken,“ überlegt Pfleging. Denn: Es wird nicht die letzte Flüchtlingswelle gewesen sein.