Es hat ein bisschen etwas von der alten Papierfabrik in Hafen, was die ehemalige Justizvollzugsanstalt an der Ulmenstraße in der letzten Zeit durchleben muss – immer wieder wird sie Schauplatz für Brandstiftung, Einbrüche und Diebstähle. Wachen sind an den Ein- und Zugängen positioniert. Sie wechseln sich ab, gehen ihre Runde. Nein, in die alte JVA, der Ulmer Höh, gibt es weder ein rein- noch ein rauskommen. Zumindest das hat sich in der langen Geschichte dieser Anstalt nicht geändert. In der „unbewachten“, aber schon verlassenen Phase hatte sich allerdings an dem Klientel im Inneren teilweise nichts geändert. Auch nach dem Leerstand hausten dort nicht nur die gesetzestreuen Bürger. Immer häufiger wurde in die JVA eingebrochen, in den Gängen randaliert. Das alte Klavier in der Kapelle war da nur ein Beispiel mutwilliger Zerstörungswut.
Die Erhaltung der Kapelle Auch die Anwohner waren mehr und mehr genervt, alarmierten sogar die Polizei, ob der „Partygäste“ im Inneren, die kein Halten in dieser exklusiven und abenteuerlichen Location kannten. „Es ist schon kurios: Jetzt wollen mittlerweile mehr Leute in das Gefängnis einbrechen, als damals ausbrechen“, sagt Nicole Zander vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB). In ihrer Obhut befindet sich das Gebäude momentan noch. Doch langsam nähert man sich einer neuen Phase. „Im Oktober werden die Gebäude bis auf die Kapelle abgerissen“, sagt Zander, teils mit einem lachendem, aber auch mit einem weinenden Auge. „Gerade die mutwilligen Zerstörungen und die Brandstiftung in der Kapelle haben uns zu schaffen gemacht.“ Dadurch seien für den BLB natürlich immer wieder neue Kosten entstanden. Daher sei man auf einer Seite froh, wenn das Gebäude abgerissen wird. Natürlich käme aber auch ein bisschen Wehmut auf. „Schließlich gehört die Anlage schon sehr lange zur Düsseldorfer Stadtgeschichte und ist dort fest verankert. Da wird schon etwas fehlen“, so Zander.
Einen Investor für die neue Fläche sei noch nicht gefunden. Es gäbe allerdings schon so etwas wie einen „Siegesentwurf“ für die Fläche. „Dort sollen Wohnungen mit Grünanlagen, aber auch Büroräume entstehen.“ Bis zu 400 könnten es insgesamt werden. Dabei soll die Anlage „wie ein Campus geplant“ werden, der „auf die Kapelle zuläuft“.
Auch der Künstler Horst Wackerbarth ist gespannt, was sich auf dem ehemaligen JVA-Gelände in Zukunft tut. Er hat sich mit seinem Kunstverein „Ulmer Höh“ bereits um die Kapelle bemüht. Denn er plant mit einer befreundeten Baugruppe ein Wohn-, Kunst- und Lebensprojekt mit Mehr-Generationen-Wohnen. Dazu wollen sie die Kapelle kaufen. Doch dazu muss erst einmal für das übrige Gelände ein Investor gefunden werden. „Das Gelände wird inklusive Kapelle an einen Investor verkauft. Das Bauministerium hat aber den Vertrag dafür schon vorgefertigt“, sagt Wackerbarth. Darin soll festgesetzt werden, dass die Kapelle an jemanden verkauft werden muss, der sich in einer Wohngruppe oder anders sozial betätigt. Diese Voraussetzungen würde Wackerbarth mit seiner Gruppe erfüllen. Zum anderen würde dann auch zum ersten Mal das neue Haushaltsgesetz zum Tragen kommen. Auch das besagt, dass nicht höchst bietend verkauft werden soll, sondern soziale Einrichtungen berücksichtigt werden sollen.
Steigende Kosten Doch die Brandstiftung an der Kapelle hat auch Wackerbarth einen kleinen Strich durch die Rechnung gemacht. „Unsere Chancen stehen nach dem Feuer schlechter. Wir müssen schließlich auch an die Finanzierung denken.“ Vor dem Brand sei man von einem Betrag um die fünf Millionen ausgegangen. „Wenn es jetzt aber 6,5 oder mehr Millionen Euro werden, sind wir raus.“ Dabei würden er und sein Verein gerne die Kirche als öffentlichen Raum auch erhalten. Gerade seitens der Stadt erwartet Wackerbarth ein wenig mehr Unterstützung. „Es wäre wichtig, dass wir im Norden auch etwas für die Bürger zur Verfügung stellen, um sich zu treffen.“ Ein letztes Wort ist da noch nicht gesprochen. Eine kleine JVA-Geschichte Auf einer Anhöhe, fast schon thronend – das ist die ehemalige Justizvollzugsanstalt, die daher nicht zu Unrecht die „Ulmer Höh“ ist. Das gut 3,2 Hektar große Areal wurde bereits Ende des 19. Jahrhunderts bebaut. Zur damaligen Zeit lag es noch weit außerhalb der normalen Besiedelung, die Häftlinge also weit abgeschieden vom eigentlichen Leben. Vier Jahre dauerte die Errichtung, 1893 wurde es schließlich eröffnet. Damit wurde zeitgleich das Stadtgefängnis an der Schulstraße 2a abgelöst.
Zwischen 1919 und 1934 rückte die „Ulmer Höh“ in das Zentrum einiger bedeutsamer Ereignisse wie bei den Separatistenaufständen. Auch der Schlageter-Anschlag sorgte für viel Wirbel. Schlageter wurde zur NS-Zeit durch deren Propaganda zum „ersten Soldaten des Dritten Reichs“ hochstilisiert. Am Ende wurde er zum Tode wegen Verrats von einem französischen Militärgericht in Düsseldorf verurteilt und exekutiert.
Aufsehend erregend war auch die Mordserie von Peter Kürten, dem „Vampir von Düsseldorf“. Der Spitzname „Vampir“ rührte daher, dass er 1929 im Düsseldorfer Hofgarten einen Schwan tötete und dessen Blut trank. Auch das Blut seiner Opfer soll er in einigen Fällen getrunken haben. Er wurde ebenfalls in Düsseldorf zum Tode verurteilt.
Viele prominente Häftlinge waren in der JVA Zu den prominenten Häftlingen gehören aber auch der RAF-Terrorist Andreas Baader, Metin Kaplan, der Islamist und selbst ernannte „Kalif von Köln“, der Schauspieler Martin Semmelrogge und der Entertainer und Schauspieler Karsten Speck.
Seit 1933 gehörte die „Ulmer Höh“ zum Strafvollzugsamt Düsseldorf. Bei einer Reform 1970 wurden die heutigen Landschaftsverbände auf zwei Mittelverbände aufgeteilt. Einer davon war das Justizvollzugsamt Rheinland mit Sitz in Köln – zu diesem gehörte die JVA bis zu ihrem Ende. Der andere sitzt in Hamm und ist zuständig für Westfalen-Lippe.
Die JVA bestand aus einem Männerhaus, der bis zu 529 Gefangene aufnehmen konnte. Dort wurden größtenteils Freiheitsstrafen zwischen mindestens drei und maximal 48 Monaten sowie Untersuchungshaften und der Strafarrest vollstreckt.
Das Männerhaus war im ältesten Trakt der Gebäude untergebracht. Zu den Abteilungen vor Ort gehörte unter anderem eine sogenannte „Abstinenzorientierte Abteilung“. Dort wurden Inhaftierte auf eine Drogentherapie außerhalb des Vollzugs vorbereitet |