Gelsenkirchen/Gladbeck. .
Brutale Angriffe auf Polizisten, „Gewaltexzesse von bestens vernetzten Clans“, libanesische und rumänische Banden, die Teile von vier Gelsenkirchener Stadtteilen für sich reklamieren: Ein interner Lagebericht der Gelsenkirchener Polizeiwache Süd, der dieser Zeitung vorliegt, zeichnet ein bedrohliches Bild. Dabei spielt auch die libanesisch-kurdische „Familien Union“ eine undurchsichtige Rolle.
Offiziell setzt der Verein – gegründet in Essen mit Hilfe von Stadt und Arbeiterwohlfahrt – für die Integration von Ausländern ein, wollte sich als Mittler und Streitschlichter zwischen Clans und mit der Stadt positionieren. Derzeit versucht der Verein nach Gladbeck zu expandieren, er hat bereits die Unterstützung von Bürgermeister Ulrich Roland gewonnen. Der Integrationsbeauftragte der Familien-Union, Walid Saado, versprach beim Gespräch mit der Stadtspitze zum Beispiel, die Großfamilien dafür zu sensibilisieren, an Elternabenden teilzunehmen oder Jugendlichen klarzumachen, wie wichtig ein Schulabschluss ist.
Drohung gegenüber der Polizei
Die Polizei im Gelsenkirchener Süden hat mit dem Verein gänzlich andere Erfahrungen gemacht. Zwei Vertreter, darunter Walid Saado als Mitglied des Gelsenkirchener Integrationsrates, sind laut Lagebericht am 28. Juli in die Südwache gekommen, um sich über Übergriffe bei Festnahmen zu beschweren. Dabei habe das Duo davon gesprochen, dass die Polizei „einen Krieg mit den Libanesen nicht gewinnen“ werde, weil sie zu viele seien. „Das würde auch für Gelsenkirchen gelten, wenn wir wollen“.
Eine Drohung, so die Einschätzung der Polizei. Zumal Walid Saado in früheren Gesprächen deutlich gemacht habe, dass die Macht des in Gelsenkirchen wohnenden „Patrons“ weit über das Ruhrgebiet bis nach Berlin reiche.
Walid Saado widerspricht im Namen der Familien-Union dieser Darstellung, nennt den Vorfall „schlichtweg erfunden“. „Ich werde von der Polizei in Konfliktsituationen oft als Vermittler zur Hilfe gerufen, damit Eskalationen vermieden werden können. Ich dachte zudem bisher, die Zusammenarbeit mit der Polizei würde von dieser positiv bewertet.“ Die Informationspolitik der Polizei habe sein Vertrauen tief erschüttert.
In dem Dokument ist zudem von Gewaltexzessen der Clans die Rede. Nicht selten sähen sich die Einsatzkräfte Gruppen von 50 bis 60 Personen gegenüber, per Handy mobilisiert, die die Polizisten bis zum Eintreffen der Verstärkung angehen. Vorläufiger Höhepunkt: das Einschlagen auf eine Beamtin mit Dachlatten, die mit Nägel bestückt waren. Selbst ein „Warnschuss in die Luft“ sei schon abgegeben worden weil die Beteiligten „kommunikativ überhaupt nicht zu erreichen sind“ und der Einsatz von „Pfefferspray keine Wirkung erzielte“.