obert Harting hatte angekündigt, dass er pünktlich zum Startschuss des Finales über 100 Meter bei sich zuhause in Berlin den Fernseher ausschaltet. Der verletzte Diskus-Weltmeister setzt sich schon lange vehement gegen Doping ein. Mit seiner Fernseh-Aktion protestierte er erneut gegen den Start überführter Dopingsünder bei der Leichtathletik-WM in Peking.
Mittlerweile wird Harting auch ohne Fernseher wissen, dass Usain Bolt das Finale gewonnen hat. Was aber niemand außer Bolt selbst trotz aller Bilder aus Peking genau wissen kann: War der Jamaikaner nun sauber oder nicht?
Selbst negative Doping-Tests in Serie sind kein Beweis mehr, zu oft wurden Tests manipuliert oder bewusst falsch gedeutet. Nicht nur in der Leichtathletik, in vielen Sportarten. Dies alles macht den Umgang mit dem Thema so schwierig.
Einfache Lösungen gibt es nicht. Auch nicht die, die Harting im Rahmen seines Fernseh-Boykotts ins Gespräch gebracht hat. Er wünscht sich, dass erwischte und überführte Dopingsünder nach ihrer Sperre mit einer roten Startnummer in den Wettkampf gehen. So könne jeder Zuschauer sofort erkennen, was Sache ist. Findet Harting.
Beim 100-m-Finale in Peking hätten damit dann die drei Sprinter Justin Gatlin, Tyson Gay und Asafa Powell mit einer roten Nummer antreten müssen.
Eine plakative Idee, die aber nicht durchsetzbar ist. Wer seine Strafe verbüßt hat, der ist rehabilitiert. Seine Rückkehr in die Gesellschaft oder in die Gemeinschaft der Sportler sollte das obere Ziel sein. Menschen zu stigmatisieren gehört auf diesem Weg sicherlich nicht in den Maßnahmen-Katalog.
Das Thema Doping beherrscht den Sport seit Jahren und wird ihn weiter beherrschen. Die Problematik ist zu komplex, um sie in diesen Tagen der WM lösen zu können. Es gibt weiterhin dicke Bretter zu bohren. Und bis dahin geht es weiter wie bisher. Schon am Donnerstag stehen die schnellsten Männer der Welt wieder am Startblock: Dann zum Finale über 200 Meter. (Ralf Birkhan)