Düsseldorf.

Neue Wendung in der Affäre um die strenge nächtliche Überwachung des Ex-Acandor-Chefs Thomas Middelhoff in der Essener Untersuchungshaft. Nach Informationen unserer Zeitung aus Justizkreisen gab es „deutliche Hinweise der Ehefrau, dass Middelhoff suizidgefährdet war“. Da zudem eine „familiäre Vorbelastung“ vorgelegen habe – 2006 hatte Middelhoffs Bruder Selbstmord begangen – entschied sich die Justiz zum Schutz des Häftlings für eine wochenlange Zellenkontrolle im 15-Minutentakt.

Die Middelhoff-Anwälte hatten den Vorwurf erhoben, dass die sogenannte Lebendkontrolle zwischen Mitte November und Mitte Dezember zu andauerndem Schlafentzug geführt habe, weshalb der Inhaftierte schwer erkrankt sei. Erste Prüfungen sollen aber laut Justizkreisen ergeben haben, dass die Zelle nachts nicht ein einziges Mal betreten wurde. Auch sei sicher nur in Einzelfällen bei Kontrollen die Beleuchtung eingeschaltet worden, hieß es. Middelhoff war im November 2014 wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Deshalb gab es Sorge vor einem „Bilanz-Selbstmord“, weil Middelhoff alles zu verlieren drohte.

Verwunderung hat in der Justiz in NRW offenbar die Tatsache ausgelöst, dass die Anwälte erst bei der zweiten Haftbeschwerde im März den Vorwurf des Schlafentzugs erhoben und Zustände wie in Guantanamo beklagt haben. Erst nachdem auch eine Kaution von 900 000 Euro wegen Fluchtgefahr abgelehnt wurde, hatten die Anwälte das zur Verhinderung eines möglichen Selbstmordes übliche Verfahren in deutschen Gefängnissen als Ursache für eine vor Monaten diagnostizierte Autoimmunkrankheit von Middelhoff angeprangert.

CDU- und FDP-Opposition im Landtag verlangten von Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) eine weitere Klärung in der Sitzung des Rechtsausschusses am 22. April. Kutschaty müsse Licht in die Sache bringen und erläutern, ob sich die Anwälte Ende 2014 bereits über die Praxis in der JVA beschwert hätten, forderte FDP-Experte Joachim Stamp. Die CDU-Landtagsfraktion will wissen, wie die konkreten Anweisungen des Ministeriums für Kontrollen bei Suizidgefahr aussehen und wie oft Middelhoff in den letzten vier Wochen in der JVA Essen kontrolliert wurde.