Die Band Saltatio Mortis erobert mit Mittelalterrock das Land. Hier sprechen sie über ihre besondere Verbindung zum Ruhrgebiet.
Einst als Straßenband in den Fußgängerzonen unseres Landes unterwegs, erobern Saltatio Mortis mittlerweile die Deutschen Charts. Aktuell sind sie auf Tour mit ihrer bisher größten Produktion. Im Gepäck haben Sie wie immer auch Dudelsäcke und Drehleier. Wir sprachen mit Sänger Alea über Taugenichtse, väterliches Lob und die Liebe zum Ruhrgebiet. Am 25. November spielen sie im Ruhrcongress Bochum.
Ihr seid gerade auf der „Taugenichts“-Tour unterwegs durch Deutschland, euer bisher größten Konzertreise. Auf was dürfen sich eure Fans freuen?
Auf eine Show, wie sie noch nie in der Geschichte von Saltatio Mortis auf die Beine gestellt wurde. Auf eine ganz besondere Bühne und Effekte, die wir schon sehr lange geplant haben, die wir aber jetzt erst umsetzen können. Es könnte passieren, dass es in den ersten Reihen sehr warm wird. Es könnte passieren, dass man sehr platt und sehr glücklich nach Hause geht. Zumindest ist das mein Ansatz.
Und warum seid ihr Taugenichtse?
Wir haben alle schon erlebt, was so viele Musiker und generell Menschen erleben, die alternative Lebenswege gehen: Man bekommt gern einen Stempel aufgedrückt und Sätze zu hören wie: „Wenn du das so oder so machst, wird das nichts!“ Oder: „Was du da machst, ist doch kein Beruf!“ Es ist in unserer Gesellschaft auch heute noch ungewöhnlich, dass man sich außerhalb des normalen Weges verwirklichen und davon leben kann. Es gibt mit Sicherheit Jobs, in denen man mehr verdient. Die Frage ist, ob diese Menschen abends beim Schlafengehen mit Sicherheit sagen können, dass sie tun, was sie ihr Leben lang schon tun wollten. Was ich tue, macht mich glücklich. Es hat keinen Sinn, wenn man der Reichste auf dem Friedhof ist, aber nie gelebt hat…
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Du bist seit fast 24 Jahren Musiker. Würde man deine Eltern fragen, ob du schon immer so ein Frontmann warst, was würden sie sagen?
Ich glaube, meine Mutter würde das sofort bestätigen, mein Vater mittlerweile vermutlich auch. Aber er hat lange Zeit versucht, das zu unterdrücken. Heute ist mein Papa sehr glücklich mit meinem Weg und das empfinde ich als ein ganz großartiges Geschenk. Ich glaube im Übrigen, dass meine Musikalität von ihm stammt, ebenso das Frontmann-Gen. Er war auch in allem, was er getan hat, ein Frontmann.
Im Ruhrgebiet gibt es sehr viele Saltatio-Mortis-Fans. Was verbindet euch mit dem Pott?
Ich kann verraten, dass mittlerweile zwei von uns, nämlich Jean und Frank, volle Ruhrpottler sind. Die Liebe hat sie dort hingezogen, und sie sind hängengeblieben. Das Ruhrgebiet muss also etwas Besonderes haben, vielleicht sollte ich es auch mal ausprobieren… (lacht). Luzis Wurzeln liegen ebenfalls dort, und auch sonst verbindet uns viel mit dem Ruhrgebiet. Wir haben die ganzen Mittelalter-Festivals dort gespielt, und ich glaube, dass der Kern, der Ursprung unserer Fanbasis dort sitzt. Es fühlt sich zumindest so an, dass wir so ein Stück vom Ruhrgebiet im Herzen tragen.
Bochum gilt wegen der Currywurst selbstverständlich als Ort der kulinarischen Hochkultur. Hast du sie schon mal probiert?
Aber sicher!
Schreibt ihr in bestimmten Gegenden regionales Wunschessen auf euren Catering-Rider, also die Anforderungsliste für die Garderobe, etwa Weißwürste in Bayern, Fisch in Hamburg oder eben Currywurst im Ruhrgebiet?
Wir müssen sowas gar nicht anmelden, das passiert von allein! Und wir finden das auch super. Es gibt ein paar Städte, ein paar Veranstaltungsorte, die wir auch auf dieser Tour wieder besuchen, bei denen ich mich jetzt schon auf das großartige Catering freue.
Ihr habt einen tollen Live-Sommer hinter euch, seid unter anderem noch mal zu euren Wurzeln zurückgekehrt und habt auf der Straße gespielt. Wir war das?
Unsere „Back to the roots“-Tour war das Verrückteste, was wir in letzter Zeit gemacht haben, aber auch eines der schönsten Dinge. Wir wussten ja gar nicht, was auf uns zukommt. Vor Jahren sind wir einfach losgelaufen mit unseren Instrumenten und haben irgendwie eine Innenstadt gekapert und drauf los gespielt. Das war damals alles viel, viel leichter und ein bisschen „guerillamäßiger“.
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Wir wart ihr dieses mal vorbereitet?
Wir mussten uns informieren, wo wir überhaupt spielen dürfen. Es gibt nämlich einige Städte, in denen Dudelsäcke verboten sind. Ich weiß nicht, ob wir dazu beigetragen haben damals. Aber es kann schon sein (lacht). Ich muss sagen: Für mich ist Straßenmusik eine wundervolle Sache, die auch Stadtflair ausmacht. Ich liebe es, wenn ich durch eine Stadt laufe und irgendwo jemand steht und Saxofon oder Gitarre spielt und dazu ein wenig singt. Es ist einfach sehr schade, dass diese kleinen, schönen Dinge mittlerweile immer mehr eingegrenzt oder sogar verboten werden.
In Bochum ging eure „Back to the Roots“-Tour los. Welche Erinnerungen hast du an das Konzert?
Ich erinnere mich sehr gut an der Start in Bochum. Es hat fürchterlich geregnet, und wir muss befürchten, dass kein Mensch da sein wird. Völlig verfehlt! Der ganze Platz stand voll! Wir dachten nur: „Oh mein Gott, die sind wirklich gekommen, um uns eine kurze Zeit spielen zu sehen, uns zu treffen – im strömenden Regen!” Wir haben dann alle gemeinsam im Regen getanzt. Das fand ich ganz wundervoll.
Vor wenigen Wochen ist euer neuer Song „Heute Nacht“ erschienen, ein Duett mit der Party-Sängerin Mia Julia. Was bedeutet euch das Stück?
Der Song ist Anfang dieses Jahres entstanden, und wir haben sehr lange am Text geschliffen. Wir hatten die Idee, eine Geschichte zu erzählen aus der Sicht eines Beobachters in einer Kneipe. Immer wieder sieht er Menschen, die sagen, dass sie endlich raus und ihr Leben verändern wollen. Doch nächste Woche sitzen sie wieder da. Außerdem gibt es da den Rentner in der Ecke, dessen Blick so leer ist, wie sein Glas. Er freut sich, wenn sich mal jemand neben ihn setzt und ihn fragt, was er trinken will. Das Lied erzählt von all diesen Momenten, die wir doch alle kennen. Die Zeile „Wenn man beim Träumen schnell vergisst, was man vermisst, wenn man gemeinsam einsam ist“ erzählt genau davon. Ich bin wahnsinnig stolz darauf, was wir da zusammengeschustert haben.
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Und wie kam es zur Zusammenarbeit mit Mia Julia?
Als wir Mia kennenlernten, hat es nur ein paar Stunden gedauert, bis mir klar war, dass ich auch diesen Menschen sehr gern habe und dass ich mich darauf freue, mit ihr zusammen diesen Song zu machen. Sie besitzt eine ganz außergewöhnliche Stimme, die nicht bis zum Ende austrainiert, opernhaft oder ganz sauber ohne Kanten ist. Ihre Stimme hat Persönlichkeit, die eine Geschichte erzählen kann. Außerdem finde ich es stark, wie offen Mia mit allem umgeht, wie offen sie auch über Themen wie Depressionen spricht.
Wie sehr verletzt dich dann Kritik an einem Lied wie „Heute Nacht“?
Ich glaube einfach daran, dass „Heute Nacht“ einer dieser Songs ist, die man als „Grower“ bezeichnet. Als allererstes wird vielleicht geschimpft, aber er wird wachsen. Mir ist es immer wichtig, dass ich meinem Herzen folge. Und „Heute Nacht“ liegt uns allen sehr am Herzen. Kritiken werden auch nie etwas daran ändern, dass wir als Band und als Freunde nur das tun werden, was unser Herz möchte. Ich möchte mein Leben lang nichts anderes tun. Ich. Ich liebe diese Band, sie ist einer der größten Teile meines Lebens, sie ist meine Familie. Und ich bin gespannt, was wir noch gemeinsam erschaffen.
Weitere Termine: Fr., 24. Nov., MHP Arena Ludwigsburg, Sa., 25. Nov., RuhrCongress Bochum, Fr., 1. Dez., Hannover Swiss Life Hall.
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