Bottrop. Die Diagnose bringt Ängste und Einsamkeit mit sich. Erkrankte aus Bottrop teilen ihre Erfahrungen. Kraft gibt ihnen die Selbsthilfegruppe.

Die Diagnose Parkinson kommt für viele Betroffene überraschend. Auf der einen Seite Erleichterung, endlich eine Diagnose zu haben. Auf der anderen Seite aber die Frage: Wie lange werde ich noch leben?

Um diese Fragen zu klären, hat sich kürzlich die „Parkinson-Selbsthilfegruppe Bottrop“ in der Rottmannsmühle des Deutschen Roten Kreuzes im Bistro Henry getroffen. Mit insgesamt 60 Mitgliedern in Bottrop kommen nicht nur Betroffene, sondern auch Angehörige und Freunde zusammen. Es wird gefrühstückt und sich über die unterschiedlichen Lebenswege ausgetauscht.

Kontakt mit anderen Betroffenen sehr wichtig

Zu Beginn wird der neue Vorstand vorgestellt, viele Besucher sind zum ersten Mal bei einem Treffen. Regionalleiter Hans-Peter Knieeisen freut sich über neue Gesichter: „Der Kontakt zur Selbsthilfegruppe ist sehr wichtig und den möchte ich auch verstärken. Mit Parkinson kommen auch die Ängste oder Einsamkeit. Deswegen ist es gut, dass man sich hier unterhalten kann.“

Auch die zweite Bürgermeisterin Monika Budke lässt es sich nicht nehmen und besucht das Treffen: „Die Selbsthilfegruppe bereitet mir so viel Freude und die Arbeit ist mir ans Herz gewachsen. Deswegen möchte ich auch unbedingt weiter machen und den neuen Vorstand herzlich begrüßen“.

Seit 1992 steht die Selbsthilfegruppe Betroffenen und Angehörigen immer zur Verfügung, betone Hans-Peter Knieeisen. Auch für Außenstehende, die keine Mitglieder in dem Verein „Deutsche Parkinson Vereinigung e.V. Regionalgruppe Bottrop“ sind, werden Aktivitäten wie gemeinsame Spiele, Kinobesuche, Fachvorträge von Ärzten oder, wenn möglich, auch Reisen angeboten.

Parkinson-Selbsthilfegruppe Bottrop: „Bei Parkinson gibt es kein Schema F“

„Parkinson ist eine sehr individuelle Krankheit und es gibt kein Schema F. Ebenso die Symptome. Bei manchen äußert sich zuerst ein Tremor (rhythmisches Zittern, d. Redaktion), entwickeln Gleichgewichtsstörungen oder kämpfen mit Demenz. Jeder hier ist einzigartig“, so Schriftführer Reinhold Liesner.

Wie plötzlich die Krankheit das Leben verändern kann, erzählt Ralf Euler: „Eines Tages konnte ich nicht mehr mit Messer und Gabel essen. Der Termin beim Neurologen hat es dann bestätigt: Es ist Parkinson. Mit meinen Medikamenten kann ich wieder essen, aber ein Austausch mit dem Arzt ist sehr wichtig.“

Ein Schock ist die Diagnose für den ehemaligen Bergmann allerdings nicht. Vor mehr als zwanzig Jahren bekommt er die Diagnose HIV-positiv. Durch ein Seminar mit der Aidshilfe NRW lernt er mit der Krankheit und der Medikation zu leben: „Da kann mich das bisschen Parkinson auch nicht mehr schocken“. Er selbst ist das erste Mal bei einem Treffen dabei – und kämpft damit auch gegen die Einsamkeit an.

Verlauf der Krankheit ungewiss: Trotzdem noch Lebensmut

Sein Lebenspartner Peter Lenze ist ebenfalls Mitglied in der Selbsthilfegruppe: „Mit der Diagnose müssen wir unsere Leben anpassen und brauchen beide Entschleunigung. Denn das passiert mit der Krankheit, alles wird langsamer. Hier bei dem Treffen können wir Infos bekommen und Menschen kennenlernen.“ Aufhalten oder Trübsal blasen steht bei den beiden nicht auf dem Programm: „Wir wissen, wohin die Krankheit führt, vorher wollen wir noch ein bisschen Leben. Wir lachen viel, albern, hören Musik oder gehen zum Zumba.“

Das Autofahren teilen sich die beiden Männer, längere Strecken kann Ralf Euler durch seine Parkinson-Erkrankung nicht mehr fahren. Eines steht aber fest: „Aus jeder Phase machen wir das Beste“, so Lenze.

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Wo viele Außenstehende sagen würden „Das geht mit Parkinson doch nicht!“, beweist Hermann Kuhnke das Gegenteil: Vor 12 Jahren bekommt der Musiker die Diagnose Parkinson. Das erste Symptom: Zittern in den Händen. „Ich dachte erst, ich sei nervös wegen eines Auftritts. Dann bin ich aber zum Arzt gegangen.“

Trotz der Krankheit arbeitet er als Musiklehrer und gibt Kindern in der eigenen Musikschule Klavierunterricht. Die Kinder gehen sehr verständnisvoll mit seiner Erkrankung um, denn Aufklärung liegt Kuhnke am Herzen: „Die Kinder wissen, dass mein Tremor nicht gefährlich ist und wenn ich mal nicht zittere, sagen sie ‘Sie zittern heute gar nicht, sie sind nicht der Herr Kuhnke’.“

Betroffener versucht Stigmatisierung zu beenden

Allerdings schränkt die Erkrankung im Alltag ein. Beim Einkaufen kommt es manchmal zu unschönen Situationen: Eltern erklären ihren Kindern, dass er eine Behinderung habe. Offensiv und ehrlich erklärt Kuhnke dann, dass es sich um eine Nervenkrankheit handle und keine Behinderung. Für ihn ist aber eine Sache das Wichtigste: „Das Schönste an der Erkrankung sind meine Erinnerungen. Die kann mir niemand wegnehmen.“