Im asiatischen Kampfsport geht es vor allem um innere Werte. Aber wehe, wenn Mutti die Wettkampfkleidung nicht korrekt gewaschen hat.

Es geschieht nicht oft im Leben, dass man sich fühlt wie ein Star aus der Waschmittelwerbung. Leider hatte ich die Rolle der Schurkin mit dem falschen Pulver.

Dabei ging es an dem Tag weniger um niedere Arbeiten im Haushalt als um höhere Weihen. Unser Sohn wollte sich den schwarzen Gurt verdienen. In einer asiatischen Kampfsportart, deren Namen ich verschweige, weil ich mich vor den Großmeistern fürchte. Die saßen zu viert hinter dem Richter-Tisch in einer Turnhalle und erinnerten an undurchschaubare Jedi-Ritter. Ich atmete sicherheitshalber leiser und demütiger. Nicht nur ich war befangen. In der Halle versammelten sich 50 Jugendliche und Erwachsene, die Gurt-Prüfungen ablegen mussten, und doppelt so viele Zuschauer. Trotzdem herrschte klösterliche Ruhe. Ob die Großmeister auch ein Jugend-Hallenfußballturnier bändigen könnten?

Asiatischer Kampfsport beruht auf Respekt und Disziplin, hat mir mein Sohn erklärt. Und so traten jetzt alle Teilnehmer in schnurgeraden Reihen vor den Richtertisch. Perfekt wie eine Militär-Parade. Während ich überlegte, warum das Zimmer unseres Sohnes so wenig von dieser sportlichen Ordnungsliebe profitiert, flüsterte unsere Tochter: „Warum hat der Joey als einziger keinen schwarzen Anzug?“

Der Satz weckte mich wie ein großer chinesischer Gong: Tatsächlich! Der Anzug unseres Sohnes war bestenfalls mittel-anthrazit. Meine düstere Waschküche hatte das verschwiegen. Nun stand Joey neben 50 mustergültig tusche-schwarzen Jacken und Hosen. Und stach hervor wie ein weißes Schaf in der schwarzen Herde. Ein Yin unter 50 Yangs. Das gäbe eine feine Persil-Werbung: Gleich würden alle tuscheln und auf die Versagerin zeigen, die den großen Auftritt ihres Sohnes verwaschen hatte. Die Jury könnte ihn disqualifizieren, weil ich den Zusammenhang zwischen Würde und Waschmittel nicht kannte.

Erstmal feixte mein Mann, man solle für uns eine neue Kategorie erfinden – den grauen Gurt. Eine schwere Prüfung begann. Mein Sohn mühte sich auf der Matte, ich kämpfte mindestens so hart mit meinem Gewissen, sah keine tollen Tritte, keine Würfe, keine Sprünge, ich sah nur: schwarz – im Anzug des Gegners, dessen Mutter sicher Ariels Klementine persönlich war.

Joey hat bestanden. Als ich mit der Schwarzseherei fertig war, fiel mir auf, dass die Kampfrichter bunt gemixte Kleidung trugen, Anzug, Trainingshose, Jeans. Vielleicht heißen Großmeister auch so, weil sie über Kleinkram hinwegsehen. Auf dem Anzug unseres Sohnes prangt nun ein tiefschwarzer Gurt. Mein Mann ist zuversichtlich, dass die Waschmaschine und ich diese Unstimmigkeit in den Griff kriegen.

Kampfsport-Anzug, Verein, 80 €