Überall sieht man jetzt neue Designer-Parkbänke aus Stahl. Eine geniale Konstruktion, die ewig halten wird. Weil niemand drauf sitzen mag.
Bewegung an frischer Luft ist schön und gesund. Fast noch schöner ist: draußen sitzen. Das hat vor Urzeiten ein schlauer Mensch begriffen und die Parkbank erfunden. Neuerdings passiert am Niederrhein etwas Bedenkliches. Das Rumsitzen wird abgeschafft. Überall im Grünen gedeihen biestige Bänke.
Bisher habe ich beim Spaziergang die Parkbänke dieser Welt als nette Randerscheinungen links liegen lassen. Ich sitze lieber auf großen Steinen. Vielleicht war es die wunderbare „Bankgeheimnis“-Serie des Kollegen Maruhn, die meinen Blick schärfte. Verweile doch... Wie oft nimmt das Schicksal hier Platz? Bei romantischen Treffen. Oder Trennungen. Obdachlose finden ein Notbett, zufriedene Rentner einen sonnigen Stammsitz. An den beliebtesten Aussichtspunkten der Erde stehen gerne melancholische Bänke. Sie sind von Angehörigen gespendet und erinnern mit Messingschildchen an einen Menschen, der den Ort mochte. Beinahe spürt man, er sitzt da noch. Spielt sich ganz schön was ab, Bänke sind auch kleine Bühnen.
Nicht mehr lange. Wer am Rhein spazieren geht, hat sie womöglich schon gesehen. Die Neuen. Schick! Aus härtestem Stahl. Ein Designer durfte die alten klobigen Bänke aus dicken Brettern überarbeiten. Sicher ein fleißiger Mann, der nie rastet. Sonst wäre ihm das Problem aufgefallen: Man kann die Eleganz seines Modells bewundern, aber leider nicht drauf sitzen. Die 22 langen dürren Stahlrohre werden im Winter eiskalt. Sie sind als Sitzfläche so heimelig wie Schlittschuh-Kufen.
Gut, wir müssen uns bei diesem Thema zurücklehnen und die Motive der Grünflächen-Verwaltungen berücksichtigen. Parkbänke haben eine dunkle Seite, sind Schlachtfelder, sie gehören zu den liebsten Opfern der Vandalen. Die neuen können sich wehren. Die Stahlstäbe lassen Graffitis abperlen, trotzen Axt und Sägen und brennen garantiert nicht. Im Grunde sind es keine Parkbänke, sondern Powerbänke, zähe, durchtrainierte Bollwerke gegen die feindliche Welt.
Leider auch gegen die freundliche. Flanieren Sie mal auf den Uferwegen. Normalerweise ist es an Sonnentagen unmöglich, eine Bank mit Ausblick zu erobern. Nun sind alle Stahl-Modelle frei. Die Spaziergänger eilen weiter, niemand mag sich niederlassen, wenn doch, begrüßen die eisigen Stäbe die Wirbelsäule mit einem harschen „Klonk!“. Cool, so bleiben die Bänke unberührt und makellos. Eigentlich passen sie perfekt in unsere Gesellschaft, die „to go“ besser findet als „gemütlich“.
Obwohl... eventuell zeigt sich die gesellig-kuschelige Seite der neuen Bänke im Sommer. Die dünnen Stahlstangen haben erstaunliche Ähnlichkeit mit einem Grillrost.
Würstchen, Metzger, ab 1,99 €