Wer verreist, muss landestypisch-deftig essen. Warum eigentlich? Und wo? Wenn es überall nur noch coole Szene-Läden gibt...

Mein Mann fühlte sich sicher. Wir waren mit unserer Tochter auf dem Weg zu einer wunderbaren Hochzeit in Bratislava. Kulinarisch konnte diesmal nichts schiefgehen. Der Slowake liebt deftige Kost, philosophierte der Mann in die vorbeirasende Landschaft. Auf den Feldern nickte der Weizen. „Kein veganes Gestrüpp!“, setzte er nach. Ordentlich Guláš und Kapustnica, die Sauerkrautsuppe mit Speck...

Wir verziehen ihm die unromantischen Ausfälle. Eigentlich ging es bei der Reise ja um die Liebe und nicht um Speisekarten. Aber die Tour nach England saß meinem Mann noch in den Knochen. Unsere vegetarische Tochter hatte im Herbst beschlossen, Veganerin zu werden. Kochen ohne tierische Unterstützung ist nichts für Feiglinge. Ein Tofu verteidigt seine Geschmacklosigkeit mit Zähnen und Klauen! So waren wir dankbar, dass sich die englische Gastronomie auf den Trend eingestellt hatte. Wir verbrachten viel Zeit in Cafés mit launigen Namen wie „No milk today“ oder „Let it be“. Die Lokale waren originell gestylt, wobei wir uns nach einer Weile fragten, warum Veganer immer an nackten Backsteinmauern, unter Industrielampen und neben antiken Bücherstapeln essen. Mir schwante, dass es nicht nur um Tierliebe geht, sondern auch um den coolen Look.

Andererseits... schätzt der Veganer insgesamt guten Geschmack. Auch das Essen hat die grau-beige Kichererbsen-Tristesse der ersten Körner-Restaurants überwunden. Und es macht ein reines Gewissen mit Kopfkino von lächelnden Kälbchen und intakten Küken. Nur mein Mann halluzinierte allmählich Bison am Spieß und stichelte, dass selbst Tofus eine Seele hätten. Auf dem Heimweg huschte er in fettige Imbiss-Buden, die aus der Zeit vor der Erfindung des Müslis stammten.

Die Reise nach Bratislava schmeckte nach Revanche. Mein Mann hatte sich in die slowakische Küche eingearbeitet, konnte Guláš und Svíčková (Lendenbraten) akzentfrei aussprechen. Bei der Autofahrt schwärmte er von der Tradition eines Landes, das „an alten Werten wie Schweinefleisch und Kartoffeln“ festhielt. Womöglich würden in der nahen Puszta die Filets noch auf Ledersätteln weichgeritten. Ich war froh, dass ich zwei Pfund Haferflocken und vier Liter Sojamilch eingepackt hatte, um unser Kind (17) vor dem Verhungern zu bewahren.

Die Altstadt von Bratislava ist malerisch. Sie harmoniert mit den Café-Interieurs aus nackten Backsteinmauern und Industrielampen neben antiken Bücherstapeln. Man findet solche Lokale an jeder Ecke. Wir haben leckere Linsen-Quinoa-Currys und innovative Süßkartoffel-Burger gegessen. Mein Mann irrt immer noch durch die Gassen und sucht den alten Koch, der weiß, was ein Svíčková sein soll.

Linsen-Curry, Vegan Café, 8 €