Essen. Baustopps, Zahlungsverzug: Benkos Signa-Gruppe hat offenbar massive Probleme. Warum Investoren dem Milliardär nun das Vertrauen entziehen.

Die wirtschaftlichen Probleme der österreichischen Signa-Gruppe sind offenbar so groß, dass die wichtigsten Investoren dem Eigentümer René Benko das Vertrauen entziehen und ihn zum sofortigen Rückzug auffordern. Aus einem entsprechenden Brief an Benko zitiert das „Handelsblatt“. Danach erklären die Gesellschafter, ihnen fehle „jede Grundlage für eine vertrauensbasierte Zusammenarbeit“.

Unterzeichner des Brandbriefs an den Signa-Chef sind laut „Handelsblatt“ der Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner, der Duisburger Milliardär und Fressnapf-Gründer Torsten Toeller, Lindt Sprüngli-Verwaltungsratspräsident Ernst Tanner, Kaffee-Unternehmer Arthur Eugster und die Unternehmerin Julia Dora Koranyi-Arduini. Die Geldgeber der Signa-Gruppe fordern Benko auf, seine Stimmrechte an einen Treuhänder zu übergeben. Für diese Funktion schlagen sie den Sanierungsexperten Arndt Geiwitz vor, der bereits zweimal den Essener Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof durch Insolvenzverfahren geführt hatte.

Investoren: Galeria-Sanierer Geiwitz soll Benko ablösen

Galeria gehört ebenfalls zum Signa-Geflecht aus Immobilien-, Handels- und Medienunternehmen. Wenn der österreichische Milliardär René Benko mal wieder Schlagzeilen macht, schaut man im Ruhrgebiet deshalb ganz genau hin – 12.500 Galeria-Beschäftigte, aber auch Investoren wie die Essener RAG-Stiftung sowie der Duisburger Unternehmer und Fressnapf-Gründer Torsten Toeller.

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„Eine Leidenschaft neu erleben“ lautet die Botschaft auf der Stofffassade, die sie um das Carschhaus in Düsseldorf gespannt haben. Die Eigentümerin der Top-Immobilie, die Signa-Gruppe, will das über 100 Jahre alte Wahrzeichen in der Altstadt zu einem Luxuskaufhaus umbauen. Hinter dem geplanten Eröffnungsdatum im Frühjahr 2025 steht nun aber ein dickes Fragezeichen. Mehrere Firmen, darunter auch ein Elektriker, sollen mehr als 70 Arbeiter vom Carschhaus abgezogen haben, berichtet die „Rheinische Post“.

Carschhaus Düsseldorf: Signa hat offene Rechnungen

„Leider sind wir aufgrund der aktuellen Situation und Marktumstände gezwungen, beim Projekt den Ablauf neu zu organisieren oder strukturieren“, sagt ein Signa-Sprecher vage. Ein Bauunternehmer wird in der „Rheinischen Post“ deutlicher: Signa könne in Düsseldorf offene Rechnungen in „nicht allzu großer Millionenhöhe“ nicht begleichen, sagt er. Düsseldorfs Oberbürgermeister Stephan Keller (CDU) zeigt sich bereits alarmiert.

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Unruhe gibt es aber nicht nur in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt. Am prestigeträchtigen Elbtower in Hamburg soll Signa wegen Zahlungsverzugs einen Baustopp verhängt haben – so zitierte das Hamburger Abendblatt den Generalunternehmer Lupp. Auch in Stuttgart wurden die Planungen zum Bau eines Büro- und Gewerbehauses unterbrochen. Zudem scheint nicht nur das milliardenschwere Immobilien-Geschäft des René Benko durch Zinswende und steigende Baukosten in eine Schieflage geraten zu sein.

Die Signa-Gruppe des österreichischen Milliardärs René Benko steckt offenbar in wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Die Signa-Gruppe des österreichischen Milliardärs René Benko steckt offenbar in wirtschaftlichen Schwierigkeiten. © dpa | Marcel Kusch

Auch die Handelssparte befindet sich in Turbulenzen. Ende vergangener Woche musste die Signa Sports United mit Anbietern wie Fahrrad.de Insolvenz anmelden. Zuvor hatte die Signa-Holding offenbar eine Finanzierungszusage in Höhe von 150 Millionen Euro zurückgezogen. Im März hatte der österreichische Konzern bereits knapp die Hälfte am prominenten Berliner KaDeWe-Gebäude an einen thailändischen Investor veräußert. Auch der Verkauf des Sportartikelhändlers Sport Scheck ist geplant.

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Olivier Van den Bossche, der neue Chef von Galeria Karstadt Kaufhof, in der Essener Zentrale: „Über 90 Prozent unserer Filialen sind bereits jetzt profitabel. Bei einer Handvoll Häuser arbeiten wir daran, sie zu drehen“, sagt er.
Von Ulf Meinke, Frank Meßing und Andreas Tyrock

Mit einer ähnlichen Zusage wie bei Signa Sports ist auch die Essener Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof im Frühsommer aus der Insolvenz entlassen worden. Von 200 Millionen Euro als Spritze zur Modernisierung der bundesweit 92 Filialen ist die Rede. Signa äußert sich nicht, ob das Geld fließen wird. Galeria-Chef Olivier Van den Bossche versprüht Optimismus. „Wir sind jetzt wirtschaftlich gut aufgestellt und unser Eigentümer Signa unterstützt und glaubt an das Unternehmen“, sagte er noch Ende August im Interview mit unserer Redaktion.

Fressnapf-Gründer Toeller steigt bei Signa aus

Inzwischen bläst Benko aber nicht nur der konjunkturelle Wind ins Gesicht. Mehrere Weggefährten wenden sich von dem Milliardär ab: Beraterlegende Roland Berger war der erste, der auf Distanz zu Benko ging. Berger kündigte an, seine Anteile an der wichtigsten Immobiliengesellschaft, der Signa Prime, abzugeben. „Ich habe meine Verkaufsoption ausgeübt“, sagte der Gründer der gleichnamigen Unternehmensberatung dem „Handelsblatt“, der 1,46 Prozent an Signa Prime hält. Seinen Anteil am Immobilienentwickler Signa Development will Berger indes behalten.

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Schwerer ins Gewicht dürfte aber der Abschied des Duisburger Milliardärs Torsten Toeller fallen. Der Gründer der Tierbedarf-Kette Fressnapf ist seit 2013 bei Benko investiert und hält derzeit nach eigenen Angaben 4,46 Prozent an der Signa Holding. Zu den Gründen von Toellers Abschied wollte sich eine Sprecherin nicht äußern. Toeller gehört zu den Unterzeichnern des Brandbriefs, in dem Gesellschafter zum sofortigen Rückzug auffordern.

Chef der RAG-Stiftung: Signa-Beteiligungen „haben uns viel Freude gemacht“

In Schweigen hüllen sich auch die Essener RAG-Stiftung, die für die Ewigkeitskosten nach Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland verantwortlich ist, und der Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster (LVM), wie sie mit ihre Engagements bei Signa umgehen werden und ob sie signifikante Abschreibungen fürchten müssen.

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Noch im Juni hatte sich Jürgen-Johann Rupp, Finanzchef der RAG-Stiftung, zufrieden mit der Beteiligung an Signa Prime (fünf Prozent) und Signa Development (3,5 Prozent) gezeigt. Die RAG-Stiftung wolle an ihren Signa-Beteiligungen festhalten, erklärte Rupp, der in den Aufsichtsräten beider Unternehmen sitzt. Der Einstieg in die Gesellschaften mit Benkos Luxusimmobilien hat sich für die RAG-Stiftung in den vergangenen Jahren offenbar ausgezahlt. „Beide haben uns viel Freude gemacht“, sagte Stiftungschef Bernd Tönjes unlängst der „Wirtschaftswoche“.