Essen. Nach seinem umstrittenen Abschied von Easy Software führt der Essener Unternehmer Dieter Weißhaar die Myneva-Gruppe. Digitalisierung der Pflege.
Gut drei Jahre nach seiner unsanften Trennung von der damals noch in Mülheim ansässigen Softwareschmiede Easy hat der Essener Unternehmer Dieter Weißhaar eine neue Führungsposition übernommen: Seit dem 1. August leitet der 58-Jährige die Myneva-Group, die europaweit Software für die Pflege- und Sozialbranche entwickelt und vertreibt.
Auch interessant
„Eine operative Rolle liegt mir mehr als Beratung“, sagt Weißhaar im Gespräch mit unserer Redaktion. In den vergangenen drei Jahren hatte der Essener Unternehmen bei ihrem Transformationsprozess unterstützt. Dem Wechsel war ein Abschied vorausgegangen, der Wellen geschlagen hatte. Im Februar 2020 hatte die Easy Software AG, die inzwischen nach Essen umgezogen ist, ihren Chef Weißhaar aus heiterem Himmel vor die Tür gesetzt und ihm den weiteren Zutritt zur damaligen Zentrale am Mülheimer Hauptbahnhof verwehrt. Weißhaar klagte gegen die fristlose Kündigung. Im März 2021 zog das Unternehmen schließlich seine Vorwürfe gegen ihn zurück und einigte sich außergerichtlich mit Weißhaar auf eine Abfindung und die Vertragsauflösung.
Essen ist ein wichtiger Standort für Myneva
Nun wagt der Manager den Neustart und muss dafür gar nicht weit von seinem Wohnort in Essen-Steele ins neue Büro fahren. Denn Weißhaar will das Softwareunternehmen Myneva mit seinen rund 350 Beschäftigten, das seinen Sitz in Hamburg hat, von der Niederlassung in Essen aus führen. „Rund die Hälfte unserer Mitarbeitenden in Deutschland sind in NRW tätig. Essen ist ein wichtiger Standort. Dort habe ich auch meinen Standort“, sagt Weißhaar. Myneva versorgt nach eigenen Angaben über 3500 Kunden mit rund 750.000 Klienten mit Software.
Auch interessant
Nach Stationen bei IBM, Oracle, T-Systems und Easy will sich der IT-Experte nun der Software widmen, die Pflegeheime, mobile Pflegedienste, Einrichtungen für Behinderte und der Jugendpflege nutzen können. In diesen sozialen Bereichen sieht Weißhaar für die Myneva-Gruppe Wachstumspotenzial. „Der Pflegemarkt wächst in ganz Europa. Der Stand der Digitalisierung ist aber nicht überall gut. Es gibt immer noch sehr viel manuelle Arbeit“, meint Weißhaar.
Weißhaar: Software kann Zeit in der Pflege sparen
Die Belastung des Personals sei hoch, die Bezahlung nicht optimal. „Mit digitalen Produkten können wir bei bestimmten Tätigkeiten für Entlastung sorgen“, sagt der Geschäftsführer und sieht einen Schlüssel, die Probleme in der Branche in den Griff zu bekommen, in der Digitalisierung. „Software kann dazu beitragen, den Pflegenotstand zu lindern. Wenn zum Beispiel Pflegerinnen und Pfleger Spracherkennung beim Verfassen von Pflegeberichten einsetzen, spart das Zeit. Das gilt auch für die digitale Patientenakte.“
Auch interessant
Weitere Texte aus dem Ressort Wirtschaft finden Sie hier:
- Vorwerk-Chef: Meine Frau wollte auch keinen Thermomix haben
- Biermarkt: Darum verkauft Stauder schweren Herzens wieder Dosenbier
- Sorgen bei Thyssenkrupp: „Stahlindustrie kämpft um Existenz“
- Galeria-Doppelschlag gegen Essen: Warenhaus und Zentrale weg
- Menschen in Not: So reagieren Einzelhändler auf Bettler vor ihrer Ladentür
Doch nicht nur wegen des wachsenden Software-Bedarfs sieht Weißhaar gute Expansionschancen. „Viele unserer Wettbewerber sind lediglich in ein oder zwei Ländern tätig. Bei Myneva sind es schon jetzt acht“, erklärt er und formuliert ein ehrgeiziges Ziel: „Wir wollen der europäische Marktführer werden.“